Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - V40
DOI: 10.1055/s-0034-1374103

Künstliche Ernährung und Flüssigkeitsgabe am Lebensende – ja oder nein: sind Pflegekräfte und ärztliches Personal auf solche Entscheidungen vorbereitet?

J Bükki 1, 2, T Unterpaul 1, G Nübling 1, 3, RJ Jox 1, 4, S Lorenzl 1, 3
  • 1Ludwig Maximilians Universität, University Hospital, Campus Grosshadern, Department of Palliative Medicine, München, Deutschland
  • 2Hospizdienst DaSein e.V., München, Deutschland
  • 3Ludwig Maximilians Universität, University Hospital, Campus Grosshadern, Department of Neurology, München, Deutschland
  • 4Ludwig Maximilians Universität, Institute of Ethics, History and Theory of Medicine, München, Deutschland

Hintergrund: Obwohl Haltungen und Ansichten von ÄrztInnen und Pflegenden zu künstlicher Ernährung und Flüssigkeitsgabe am Lebensende beschrieben wurden, ist über deren Wissen, praktische Fähigkeiten und Kommunikationsskills wenig bekannt.

Methoden: Prospektive Querschnittstudie in 8 verschiedenen Kliniken der Ludwig-Maximilians-Universität München. Der Fragebogen (31 Items), der auch den Idler-Religiositätsindex umfasste, wurde aus dem intensivmedizinischen Bereich übernommen und modifiziert.

Ergebnisse: 49/122 (40%) der ÄrztInnen und 99/254 (39%) der Pflegenden antworteten. Während Pflegekräfte es vorzogen, den Sterbenden zumindest Flüssigkeit weiter zu geben, waren ÄrztInnen eher bereit, sowohl Ernährung als auch Flüssigkeitsgabe zu beenden (χ2-Test, p < 0,05). Weder die Anzahl der betreuten Sterbenden, Berufsjahre noch das eigene Fachwissen waren für diese Haltung ausschlaggebend. ÄrztInnen, welche Ernährung und Flüssigkeit am Lebensende stoppen würden, zeigten einen höheren Grad der Religiosität (Kruskal-Wallis-Test, p = 0,022). Die meisten Teilnehmer kannten zwar günstige Effekte von Verzicht auf Flüssigkeit und Ernährung auf das Sterben, viele fürchteten jedoch schwerere Symptomatik, komplexe Kommunikation und rechtliche Folgen. ÄrztInnen schätzten ihren Kenntnisstand schlechter ein als Pflegende (Kruskal-Wallis-Test, p < 0,05), sie waren unsicherer (p = 0,48), aber zufriedener mit der Kommunikation (p = 0,021), und beurteilten die Verbesserung der Kommunikation durch Patientenverfügungen positiver (p = 0,002), jedoch war keines dieser Ergebnisse mit der Berufserfahrung assoziiert. Rechtliche Fragen wurden von bis zu 58% der ÄrztInnen und 68% der Pflegenden falsch beantwortet.

Schlussfolgerung: In den Gesundheitsberufen besteht ein Mangel an Sicherheit und Fachwissen bezüglich Ernährung und Flüssigkeitsgabe am Lebensende. Bildungsangebote zu Symptombehandlung, Kommunikation und rechtlichen Grundlagen könnten die Praxis in diesem Bereich verbessern.