Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - V77
DOI: 10.1055/s-0034-1374140

Die Versorgungssituation von Patienten mit Vorhofflimmern: Versorgungsanalyse auf der Basis von Routinedaten

T Wilke 1, A Groth 2, M Pfannkuche 3, C Hastedt 3, O Harks 4, A Fuchs 5, U Maywald 5
  • 1Hochschule, Wismar, Deutschland
  • 2Institut für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik e.V., Wismar, Deutschland
  • 3Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co.KG, Ingelheim am Rhein, Deutschland
  • 4GWQ Service Plus GmbH, Düsseldorf, Deutschland
  • 5AOK PLUS, Dresden, Deutschland

Einleitung: Für Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) empfehlen Leitlinien bei moderatem/hohem Schlaganfallrisiko orale Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und/oder neuen oralen Antikoagulanzien. Auf Basis von Sekundärdaten werden Schätzungen für das Ausmaß und Hinweise auf die Ursachen von VKA-Unterversorgung (VKA-UV) in Deutschland ermittelt.

Methodik: Datenbasis waren Datensätze der AOK PLUS und der IKK Berlin/Brandenburg 2007 – 2010. Ein Patient wurde in die Analyse eingeschlossen, wenn er 2007 – 2009 mindestens zwei ambulante oder eine stationäre VHF-Diagnose erhielt. VKA-Bedarf in 2010 wurde angenommen, wenn entsprechend der 2010 gültigen Leitlinien der CHADS2- bzw. CHA2DS2-VASC-Score des Patienten > 1 war und keine Hinweise auf VKA-Kontraindikationen (KI) nach Fachinformation vorlagen (ermittelt aus Diagnose- und Verordnungsdaten). Ursachenfaktoren einer VKA-UV wurden mit einer multivariaten logistischen Regression ermittelt.

Ergebnisse: 108.621 VHF-Patienten wurden analysiert (durchschnittlicher CHA2DS2-VASC: 5,1; Durchschnittsalter 75,4 Jahre). Bis zu 52,3% der Patienten erhielten trotz leitlinienbasiserter Bedarfsindikatoren keine VKA; bis zu 40,9% der betrachteten Patiententage (01.01.-31.12.2010) waren nicht durch Verordnungen eines VKA abgedeckt (Basis: DDD+Toleranz). Die Ursachenanalyse ergab, dass u.a. Demenz von Patienten (OR 1,95; CI 1,83 – 2,07) und Alkohol-/Drogenmissbrauch (OR 1,67; CI 1,43 – 1,95) wichtige Prädiktoren einer VKA-UV sind. Wichtigster Prädiktor für UV ist jedoch die bisherige Antikoagulationspraxis des behandelnden Arztes, d.h. ob er generell mehr oder weniger VHF-Patienten auf VKA einstellt als der Durchschnitt (OR 3,64; CI 3,50 – 3,79).

Schlussfolgerungen: VKA-UV ist weit verbreitet. KI spielen bei der Versorgungsentscheidung vermutlicher eher eine untergeordnete Rolle. Die ärztliche Erfahrung im Umgang mit VKA und die generelle Bereitschaft zur Antikoagulation scheinen für die Therapieentscheidung ausschlaggebender zu sein.