Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - V148
DOI: 10.1055/s-0034-1374211

„Wäre ich überrascht, wenn dieser Patient in den nächsten 12 Monaten sterben würde?“ – Einführung der „Surprise Question“ in der Knochenmarktransplantations (KMT-) Ambulanz einer Universitätsklinik

C Gerlach 1, L Halbe 1, G Heß 2, 3, E Wagner 2, 3, RG Meyer 2, 3, M Theobald 2, 3, M Weber 1
  • 1Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg Universität Mainz, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Interdisziplinäre Einrichtung für Palliativmedizin, Mainz, Deutschland
  • 2Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg Universität Mainz, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Mainz, Deutschland
  • 3Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg Universität Mainz, Universitäres Centrum für Tumorerkrankungen (UCT Mainz), Mainz, Deutschland

Einführung: Patienten (Pat.) mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen benötigen nicht nur eine tumorspezifische Therapie, sondern auch eine palliativmedizinische Betreuung, die eine bestmögliche Symptomkontrolle und psychosoziale Unterstützung beinhaltet. Um diese Pat. rechtzeitig zu identifizieren hat sich die „Surprise-Question“ (SQ) als geeignetes Instrument erwiesen. Wir prüften die Anwendbarkeit der SQ in unserer KMT-Ambulanz.

Methodik: Vom 1.10.-31.12.12 wurden die Ärzte gebeten, die SQ für jeden Pat. auf ihrer täglichen Terminliste zu beantworten. Beantworteten sie die Frage mit “Nein, ich wäre nicht überrascht”, wurden die Ärzte weiter gefragt, ob die erwartete Überlebenszeit sogar kleiner als 3 Monate sein könnte. Von allen Pat. wurden Alter, Geschlecht, Erkrankung, Stadium, die aktuell laufende Therapie sowie das Vorliegen einer Vorausverfügung erfasst. Nach 12 Monaten wird das tatsächliche Überleben überprüft.

Ergebnisse: Alle Ärzte (n = 2) nahmen an der Studie teil. Die SQ wurde für alle Pat. mit Termin beantwortet (n = 185). Das Durchschnittsalter betrug 53J. (19 – 73). Die SQ wurde mit “Nein, ich wäre nicht überrascht” für 89 Pat. (48,1%) beantwortet, von denen bei 25 eine Überlebenszeit von weniger als 3 Monaten nicht unerwartet wäre (13,5% aller Pat.). Die Anteile für “Nein, ich wäre nicht überrascht” waren mit 86,7% am höchsten bei Patienten mit Multiplem Myelom. 82 (92,1%) von diesen 89 Pat. wurden zum Zeitpunkt der SQ unter kurativem Therapieansatz behandelt.

Schlussfolgerung: Die SQ identifiziert im Setting einer KMT-Ambulanz einen hohen Anteil von Pat. mit malignen hämatologischen Neoplasien, die nach Ansicht ihrer behandelnden Ärzte trotz kurativem Therapieansatz möglicherweise innerhalb des nächsten Jahres versterben werden. Die Einschätzungen zum Überleben korrelieren mit dem nach publizierten Daten erwarteten Mortalitätsrisiko, bzw. Heilungsraten. In wieweit diese Einschätzung im Einzelnen zutrifft, ist Gegenstand der laufenden Untersuchung.