Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PA3
DOI: 10.1055/s-0034-1374228

Burn out und Bore out in der Pflege

IU Grom 1
  • 1Akademie für Palliativmedizin und Hospizarbeit Dresden gGmbH, Staatl. anerk. Weiterbildungsinstitut für Palliativ- und Hospizpflege, Dresden, Deutschland

Am 22.10.1973 ist im Spiegel [DER SPIEGEL 43/1973] ein Artikel zu finden mit der Überschrift: Die Alten langweilen sich zu Tode.

Darin werden die Beobachtungen des britischen Sozialarbeiters Tim Box in einem Hamburger städtischen Altenpflegeheim veröffentlicht und in einem Bericht an die hanseatische Sozialbehörde zog er eine bittere Bilanz: Den überwiegend kranken Pfleglingen werde „weniger Achtung und Fürsorge entgegengebracht als Tieren in einem Zoo“.

So erschreckend diese Berichterstattung auf den ersten Blick klingen mag, so ist sie auf den zweiten Blick nichts Ungewöhnliches.

Menschliche Zuwendung ist immer schon fragil und abhängig gewesen von den Erwartungen und Bedürfnissen des Pflegebedürftigen, von seinen Angehörigen, vom Selbstverständnis und der Kompetenz der Pflegenden und von den zeitgenössischen Bedingungen.

Während der Blick in die Geschichte manchmal nur sparsam positive Beispiele für eine fürsorgliche und anregende Pflege und Begleitung gibt, so sind es in der heutigen Zeit primär die industriellen Bedingungen, die mitmenschliche Pflege obsolet werden lassen.

Die systematische Entkernung pflegerischer Aufgaben von Menschenorientierung treibt die Pflegenden im Stechschritt des funktionierenden Abarbeitens zunehmend

in eine Form der Erschöpfung, die Krankheitswert hat.

Zeitgleich liegt der Patient resp. der Bewohner im Bett und wartet auf Menschen,

die sich ihm zuwenden sollen. Da Pflegende in Zeiten atomisierter Familienstrukturen zunehmend mehr zu „Ersatzangehörigen“ werden, sind sie dadurch noch mehr der herbeisehnenden Erwartung des Pflegebedürftigen „ausgesetzt“.

In der Tat stellt sich beim unbeschäftigten Patienten resp. Bewohner so etwas wie ein Hospitalismuseffekt ein. Aus der Reizverarmung heraus, erschöpft er sich in gähnender Langeweile. Dieses Phänomen heißt Boreout. Der Begriff kommt von ‚boredom‘, zu Deutsch Langeweile. Sie macht sich – genauso wie Burnout – durch Niedergeschlagenheit, Interessens- und Antriebsverlust und Schlafstörungen bemerkbar. Zunehmend werden zum Krankheitsbild selbst, dem eigentlichen Behandlungsgrund, noch weitere körperliche Beschwerden artikuliert.

Lösungen aus dieser Gegenläufigkeit bieten zum einen Ansätze aus Palliative Care, zum anderen auch Patienten- und Angehörigenedukation, die sowohl Patient als auch ihre Angehörigen wieder zu Partnern in der Pflege und Versorgung machen können.