Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PA23
DOI: 10.1055/s-0034-1374248

Total Pain und Demenz

U Becker 1
  • 1Psychotherapeutische Praxis, Palliative Care und Demenz/Marte Meo, Alfter, Deutschland

Durch den fortschreitenden Gedächtnisverlust im Rahmen der Demenz verändert sich das Zeiterleben Erkrankter deutlich. Wenn es uns gelingt, sie mit uns und der aktuellen Situationen in Kontakt zu bringen, dann zeigt sich ein "Erleben im Moment".

Diese Erlebensweise hat Auswirkungen auf das Total-Pain-Konzept. Aktives Äußern von Bedürfnissen, um körperliche, seelische, soziale und spirituelle Schmerzen zu lindern, ist immer weniger möglich. Dem tragen wir Rechnung, indem wir durch gute Beobachtung und Einbeziehen der Biografie versuchen, Bedürfnisse zu erkennen.

Aufmerksames Beobachten ermöglicht, die ganz aktuellen – und vielleicht auch neuen – Bedürfnisse des anderen wahrzunehmen. Signale dementer Menschen werden allerdings immer kleiner und geraten damit in Gefahr, übersehen zu werden. Videobasierte Ansätze wie das Marte Meo-Konzept ermöglichen, auch kleinste Signale zu erkennen und den Blick der Sorgenden darauf zu lenken.

Der Blick auf Alltagssituationen und deren Analyse auf der Basis des Marte Meo-Konzepts ermöglicht es, nachzuvollziehen, ob und in welcher Form wir Menschen mit Demenz in der ganz alltäglichen Begegnung:

  • vermitteln, dass sie gesehen werden und von Bedeutung sind (sozial),

  • ihnen ermöglichen, ihre Wünsche, Bedürfnisse und Kompetenzen auszudrücken (seelisch),

  • sie in Handlungssituationen so zu unterstützen, dass sie aktiv daran teilhaben können (körperlich) und

  • ihnen vermitteln, dass das, was passiert, einen Sinn hat und sie sich aufgehoben fühlen können (spirituell).

Das Marte Meo-Konzept gibt den Blick frei auf die unterstützende Begleitung von Menschen mit Demenz in Alltag und eröffnet damit die Möglichkeit, Menschen mit Demenz schmerzlindernd und vorbeugend im Sinne des Total Pain-Konzepts zu begegnen.

Das Marte Meo-Konzept stellt eine wertvolle Ergänzung zur Biografiearbeit dar und eröffnet einen einfach umzusetzenden Zugang zur respektvollen und damit umfassend schmerzlindernden Kommunikation.