Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PB90
DOI: 10.1055/s-0034-1374297

Selbsteinschätzung macht den Unterschied: Bedürfnisse schwer betroffener MS-Patienten

J Strupp 1, H Golla 1, M Galushko 1, R Bücken 1, N Ernstmann 2, M Hahn 3, H Pfaff 2, R Voltz 1
  • 1Universitätsklinik Köln, Zentrum für Palliativmedizin, Köln, Deutschland
  • 2Universität zu Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabiliationswissenschaft (IMVR), Köln, Deutschland
  • 3Uniklinik Köln, Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Epidemiologie (IMSIE), Köln, Deutschland

Fragestellung: Schwer von MS betroffene Patienten stellen eine heterogene Gruppe mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen dar. Um diese Patientengruppe optimal zu versorgen, müssen ihre spezifischen Bedürfnisse identifiziert werden. Hierzu ist die Selbsteinschätzung des Patienten bei der Ausprägung der subjektiv empfundenen Schwerbetroffenheit wichtig.

Methodik: In einer deutschlandweiten quantitativen Untersuchung von schwer betroffenen Patienten wurden spezifische Bedürfnisse in 25 verschiedenen Kategorien erfragt. Eine zusätzliche Single-Item Frage identifizierte Patienten, die sich stark (≥7, Median-Split) und weniger stark (< 7) subjektiv schwer betroffen fühlten (Skala 1 – 10). Unterschiede in den Bedürfnissen dieser beiden Subgruppen wurden mittels Chi-Quadrat und Mann-Whitney-U-Tests analysiert.

Ergebnisse: Von 573 Patienten (Alter 20 – 83 Jahre) fühlten sich 358 (62,48%) stark schwer betroffen. Verglichen mit denen, die sich weniger stark betroffen fühlten, stuften sie die Beanspruchung für ihre Angehörigen höher ein (p < 0,001), waren öfter auf Hausbesuche angewiesen (p < 0,001), und hatten keinen festen niedergelassenen Neurologen (p = 0,016). Auch fanden sie, dass ihr Neurologe sie nicht ausreichend oft zu Hause besucht (p < 0,001). Des Weiteren unterschied sich die Gruppe ≥7 in ihrem Bedürfnis nach mehr emotionaler Unterstützung durch ihren Pflegedienst (p = 0,006).

Schlussfolgerung: Die analoge Skala zur Selbsteinschätzung der subjektiven Betroffenheit identifizierte zwei Patientengruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Die Ergebnisse zeigen einen Zusammenhang zwischen der subjektiven Betroffenheit und den empfundenen ungestillten Bedürfnissen auf. Diese Daten können helfen, auf den individuellen Patienten angepasste Versorgungsstrukturen anzubieten. Es wird deutlich, wie wertvoll Palliativversorgung als ergänzende Versorgungsstruktur sein kann, um mithilfe des multidisziplinären Teams den komplexen Bedürfnissen schwer betroffener MS-Patienten zu begegnen.