Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PD311
DOI: 10.1055/s-0034-1374482

Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen zwischen Standard und Wirklichkeit – (Wie) treffen sie die Bedürfnisse der Patienten mit einer psychischen Erkrankung?

S Sänger 1, S Liebherz 1, L Tlach 1, J Dirmaier 1, M Härter 1
  • 1Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen sind eine wichtige Grundlage dafür, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Entscheidungen zu medizinischen Maßnahmen auf einer rationalen Basis fällen können. Qualitätsanforderungen für evidenzbasierte Entscheidungshilfen oder für evidenzbasierte Gesundheitsinformationen fordern deshalb auch die Darstellung der bestverfügbaren Evidenz bei der Angabe von Nutzen und Nebenwirkungen medizinischer Maßnahmen. Gleichzeitig sollen Interessen der Nutzer berücksichtigt werden, deren Informationsbedürfnisse jedoch teilweise von den Vorstellungen der Informationsanbieter abweichen.

Fragestellung: Sind typische in Leitlinien und Patientenleitlinien festgelegte Optionen zur Behandlungsentscheidung (z.B. Medikamente oder Psychotherapie bei mittelgradiger Depression) auch die Entscheidungen, die für Patienten am meisten relevant sind?

Methoden: Im Projekt psychenet – Hamburg Netz psychische Gesundheit (gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung) wurde sowohl in Fokusgruppen mit Betroffen und Experten als auch in einer Online-Querschnittserhebung mit Betroffenen und Angehörigen entscheidungsrelevante Fragestellungen entlang des Behandlungsprozesses herausgearbeitet.

Ergebnisse: Evidenzbasierte Entscheidungshilfen legen den Fokus auf Behandlungsentscheidungen, während bei Patienten eher Fragen des Zugangs zu Therapeuten und zur Behandlung sowie zur Bewältigung des beruflichen und privaten Alltags im Vordergrund stehen. Behandlungsentscheidungen bei psychischen Erkrankungen sind nicht nur von den Präferenzen der Betroffenen bestimmt, sondern auch durch das Versorgungssystem selbst wie die Verfügbarkeit der Interventionsangebote bei den entsprechenden Therapeuten oder Wartezeiten.

Diskussion/Ausblick: Bei der Unterstützung von Entscheidungssituationen ist es wichtig, die Relevanz dieser Entscheidungen bei Betroffenen und bei Angehörigen zu ermitteln.