Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PD345
DOI: 10.1055/s-0034-1374515

Zum Umgang mit Fahr(un)tauglichkeit bei Demenzen in der Hausarzt-Praxis

JV Michel 1, V Leve 2, HC Vollmar 2, 3, S Wilm 2, M Pentzek 2
  • 1Faculty of Health, Medicine and Life Sciences, Maastricht University, Maastricht, Niederlande
  • 2Institut für Allgemeinmedizin, Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
  • 3Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

Fragestellung: Die Zahl älterer Verkehrsteilnehmer mit altersbezogenen Erkrankungen nimmt zu. Im Hinblick auf den progressiven Krankheitsverlauf einer Demenz und die fortschreitenden Einschränkungen kognitiver Funktionen steigt das Risiko für Verkehrsunfälle besonders bei Menschen mit Demenz im Krankheitsverlauf. Hausärzte/innen sehen sich im Praxisalltag mit Problemen der Thematisierung, der Aufklärung und des rechtlich korrekten Vorgehens konfrontiert.

Methodik: Im Rahmen einer systematischen Literaturanalyse wurde die Fahrtauglichkeit bei Menschen mit Demenz aus medizinischer, ethischer und rechtlicher Sicht beleuchtet. Die Erfassung relevanter Studien basierte auf einer fächerübergreifenden Suchstrategie in vier großen Datenbanken. Ziel war es, Empfehlungen für den Umgang mit dem Thema im hausärztlichen Praxisalltag zu entwickeln. Diese Empfehlungen wurden in eine bestehende komplexe Intervention integriert.

Ergebnis: Laut Studienlage besteht bei leichter Demenz keine generelle Fahruntauglichkeit. Es wird zudem deutlich, dass die Fahrtauglichkeit zu den Gründen gehört, eine Demenz möglichst früh zu erkennen, um das Autofahren anzusprechen und gefährliche Krisensituationen zu vermeiden. Je früher das Thema besprochen wird, umso mehr Gewicht kann auf die ethischen Aspekte gelegt werden; die Planung von Kompensationsmöglichkeiten und Alternativen des Selbst-Fahrens ist dabei wesentlich. Wird die Fahrtauglichkeit erst später thematisiert, stehen juristische und Sicherheitsaspekte im Vordergrund. Die stetige (bezeugte) Dokumentation des Thematisierungs- und Aufklärungsprozesses ist ein wichtiges Instrument. Rechtlich bewegt sich der Arzt im Spannungsfeld zwischen Schweigepflicht und rechtfertigendem Notstand.

Schlussfolgerung: Die Empfehlungen leisten einen wichtigen Beitrag, die zuweilen berichtete Unsicherheit von Hausärzte/innen im Umgang mit Fahrtauglichkeitsfragen bei Demenz zu reduzieren und können auch für andere Arztgruppen hilfreich sein.