Einleitung:
Schilddrüsenhormone stehen mit den Sexualhormonen in ständigem Austausch. Hyper- oder
Hypothyreose können das Gleichgewicht der Sexualhormone stören und zu Problemen wie
Ovulationsstörungen, Corpus luteum-Insuffizienz, unregelmäßigen Monatsblutungen, Infertilität
und durch Wechselwirkung mit Prolaktin zu einer Galaktorrhoe führen. Auch bei Eintritt
einer Schwangerschaft kann es zu häufiger zu Abortneigung, Frühgeburtsbestrebungen
und andere Schwangerschaftskomplikationen kommen.
Im Rahmen von reproduktionsmedizinischen Maßnahmen werden TSH-Werte um 0,5 – 2,5 mU/l
angestrebt, um optimale Konzeptionsbedingungen zu schaffen.
Fallbericht:
Wir berichten über ein Ehepaar mit primärer Infertilität und Kinderwunsch seit 4 Jahren,
bei dem aufgrund männlicher Subfertilität, die Indikation zur intrazytoplasmatischen
Spermieninjektion (ICSI) gestellt wurde. Die Ehefrau wies normale Werte für Östradiol,
FSH, LH, Prolaktin und Androgene sowie einen ovulatorischen Zyklus auf. Auffällig
war jedoch der initial erhöhte TSH-Wert von 4,9 mU/l mit einer linksseitigen Schildrüsenvergrößerung.
Nach interdisziplinärer Mitbetreuung durch die Chirurgie wurde eine Autoimmunthyreoiditis
diagnostiziert und aufgrund warmer und kalter Knoten in der SD-Szintigrafie eine subtotale
Thyreoidektomie durchgeführt. Medikamentös wurde die Patientin auf L-Thyroxin eingestellt
und hatte vor Beginn der Kinderwunschbehandlungen einen TSH-Wert unter 2,5 mU/l.
Im gesamten Behandlungszeitraum führten wir 2 ICSI-Behandlungen im Antagonistenprotokoll
sowie einen Kryo-Embryonentransfer durch.
Im Rahmen der ersten ICSI fiel 6 Tage nach Follikelpunktion ein deutlicher TSH-Anstieg
bis 8,1 mU/l auf, der sich jedoch im weiteren Verlauf normalisierte. Auch während
der 2. ICSI-Behandlung stieg der TSH-Wert während der kontrollierten ovariellen Überstimulation
in hypothyreote Bereiche an (5,5 mU/l).
Bei beiden ICSI-Behandlungen trat keine Schwangerschaft ein, sodass nach der 2. ICSI
ein Kryo-Embryonentransfer im Spontanzyklus geplant wurde. Der TSH-Kontrollwert lag
bei diesem Versuch 5 Tage vor dem Embryotransfer bei 0,14 mU/l und veränderte sich
nur gering bei weiteren Kontrollen. Es wurden 2 Embryonen transferiert. Im weiteren
Verlauf stellte sich eine intakte Geminischwangerschaft heraus.
Schlussfolgerung:
Studien zufolge führt eine kontrollierte ovarielle Überstimulation zu signifikanten
TSH-Anstiegen, besonders bei Patientinnen mit einer präexistenten Hypothyreose im
Rahmen reproduktionsmedizinischer Maßnahmen (Gracia et al. 2012). Diese TSH-Erhöhung
konnten wir in unserem Fall bestätigen. In beiden ICSI-Therapien bestanden vorher
euthyreote TSH-Werte. Es trat jedoch keine Schwangerschaft ein.
Im darauffolgenden erfolgreichen Kryo-Embryotransfer bestand präkonzeptionell eine
latente Hyperthyreose. Es ist zu diskutieren, ob die hypothyreote Stoffwechsellage
während der kontrollierten ovariellen Überstimulation zu schlechterem Ansprechen und
geringeren Chancen einer Implantation geführt haben. Erst durch Embryotransfer im
Spontanzyklus ohne Stimulationsbehandlung mit niedrigen TSH-Spiegeln ist es zu einer
Schwangerschaft gekommen.