Rehabilitation (Stuttg) 2014; 53(03): 204
DOI: 10.1055/s-0034-1382079
Leserbriefe
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Publikationsdatum:
12. Juni 2014 (online)

Antwort auf den Leserbrief von Rainer Wohlfarth und Andrea Beetz zu S. Bardl, M. Bardl, M. E. Kornhuber: „Hundgestützte multisensorische Therapie bei einer Patientin mit ­„persistierendem vegetativen Zustand“ – ein Fallbericht.“ Die Rehabilitation 2013; 52: 399–405

Wir danken den Autoren, dass sie unseren Fallbericht [1] zum Anlass nehmen, eine Lanze für die tiergestützte Therapie zu brechen [2]. Wir stimmen dabei völlig mit der Auffassung überein, dass der Schutz der eingesetzten Tiere ein wesentlicher Aspekt der tiergestützten Therapie ist. Aus diesem Grund haben wir u. a. hervorgehoben, dass der Einsatz des Hundes in Übereinstimmung mit den Prager Richtlinien und mit denen der International Association of Human-Animal Interaction Organization (IAHAIO) erfolgte. Tiergestützte Therapie setzt ein spezielles längerfristiges Training voraus. Der hierfür von uns gewählte deutsche Begriff der „Abrichtung“ war keineswegs abwertend oder i. S. einer das Tier belastenden Prozedur gemeint. Der ­Duden erläutert „abrichten“ als „(ein Tier, besonders einen Hund) zu bestimmten Leistungen oder Fertigkeiten erziehen“ [3]. Als Synonyme werden „dressieren, erziehen, schulen, ­trainieren“ angegeben [3]. Wir sind mit Wohlfarth und Beetz völlig einer Meinung, dass die Tiere nicht ausgebeutet oder überfordert werden dürfen, was überdies den Therapie-Erfolg gefährden würde. Wir bedauern daher, dass der Begriff der ­„Abrichtung“ missverstanden wurde.

Wir danken den Autoren ferner, dass sie die Diskussion der möglichen Wirkmechanismen der tiergestützten Therapie erheblich bereichert haben. Allerdings möchten wir hervorheben, dass wir in unserem Fallbericht keineswegs allein bei der „Instinktgesteuertheit“ des Tieres stehen geblieben sind. Vielmehr wurde die Sinnhaftigkeit des Umgangs mit dem Tier für die Patientin als ein zentraler Aspekt herausgestellt. Wir hätten es daher für angemessen gehalten, wenn Wohlfarth und Beetz sich mit diesem neuen Gedanken auseinandergesetzt hätten. Dabei wäre evtl. klar geworden, dass einige der von ihnen aufgeführten ­Aspekte wie etwa Biophilie, Fürsorgeverhalten, Motivation, ­positive Emotionen sowie die damit verbundenen neuronalen und neuroendokrinen Prozesse mit einer übergeordneten Sinnhaftigkeit in Zusammenhang stehen.

Gerne würden wir uns der Meinung der Autoren anschließen, dass die Wirksamkeit der tiergestützten Therapie bei den unterschiedlichsten Erkrankungen bereits nachgewiesen worden sei [2]. Dies gäbe der Anwendung der tiergestützten Therapie erheblichen Auftrieb. Allerdings können die von Wohlfarth und Beetz zitierten Quellen [2] kaum als Beleg dafür herangezogen werden. Das britische National Institute for Health Research (NHS) bewertet die Metaanalyse von Souter und Miller [4] folgendermaßen [5]: „The authors’ conclusions should be regarded with caution, given poor reporting of review methods, lack of quality assessment and the limited evidence available from few trials with small treatment groups.“ Nimer und Lundahl ziehen aus ihrer Metaanalyse lediglich den Schluss, dass es lohnt, tiergestützte Therapie in kontrollierten Studien weiter zu untersuchen [6]. Sie sehen dabei vor allem Potenzial in den Bereichen: „… medical well-being, and behavioral outcomes as well as for reducing autism spectrum symptoms.“ Virués-Ortega und ­Mitarbeiter möchten ebenfalls, dass ihre Ergebnisse über den Einfluss der tiergestützten Therapie auf Depression, Angst und Verhaltensstörungen zurückhaltend interpretiert werden, und zwar wegen der methodologischen Inkonsistenz der metaanalysierten Studien [7].

Gemeinsam mit Wohlfarth und Beetz halten wir es für sinnvoll, die tiergestützte Therapie stärker als bisher u. a. für rehabilita­tive Zwecke heranzuziehen. Dabei scheint die Zeit reif zu sein für größere kontrollierte, randomisierte Studien. Erst wenn solche Studien reproduzierbar und statistisch signifikant einen therapeutischen Nutzen belegen, werden sich die Kostenträger evtl. zur finanziellen Unterstützung bereitfinden.