Übersicht
Der Beitrag untersucht Zusammenhänge zwischen Homosexualität, Familiengründung und
Reproduktionsmedizin in modernen Gesellschaften am Beispiel Israels. Die vermehrte
Umsetzung des Kinderwunsches israelischer Lesben und Schwuler wird in den Kontext
der familienorientierten Gesellschaft und der starken Förderung von Reproduktionstechnologien
in Israel gestellt. Die Arbeit setzt sich mit Fragen nach der sozialen Akzeptanz gleichgeschlechtlicher
Elternschaft, nach individuellen Erfahrungen und Motiven sowie nach politischen und
historischen Erklärungen für den schwul-lesbischen „Babyboom“ in Israel auseinander.
Zu diesen Fragen wurde eine empirische Untersuchung mit 30 teilstandardisierten Interviews
mit GesprächspartnerInnen unterschiedlicher sexueller Orientierung durchgeführt. Die
Zunahme gleichgeschlechtlicher Familiengründungen in Israel verdankt sich, so die
These, der spezifischen Konvergenz unterschiedlicher Interessen: (1) einem besonders
ausgeprägten, auch kulturell bedingten Kinderwunsch von Lesben und Schwulen, (2) einer
überdurchschnittlich hohen Dynamik der Reproduktionswissenschaft und -wirtschaft und
(3) einem intensiven Interesse des Landes an jüdischem Nachwuchs. Vielschichtig erscheinen
auch die Motive der Familiengründung gleichgeschlechtlicher Eltern. Sie reichen von
selbstbewusster schwul-lesbischer Inanspruchnahme von Rechten bis zum Streben nach
Normalisierung und zur Anpassung an sozialen Druck in der familienorientierten israelischen
Gesellschaft. Der Beitrag schließt mit einer vergleichenden Diskussion der gleichgeschlechtlichen
Familiengründungen in Deutschland.
Schlüsselwörter
Familie - Homosexualität - Homosexualität und Elternschaft - Israel - Lesben - Schwule
- Reproduktionsmedizin