Gesundheitswesen 2014; 76 - A4
DOI: 10.1055/s-0034-1386854

Wovon hängt die Verbreitung unterschiedlicher Niveaus betrieblicher Gesundheitsförderung ab? Vertiefende Analysen der repräsentativen Arbeitgeberbefragung 2011 für die GDA-Dachevaluation

D Beck 1, U Lenhardt 1, B Schmitt 1, S Sommer 1
  • 1Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin

Einleitung/Hintergrund: Aus diversen Befragungsstudien liegen empirische Informationen zur Verbreitung von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) vor. Hierbei wird jedoch nicht nach Maßnahmenkonfigurationen differenziert, die den Entwicklungsgrad betrieblicher BGF-Praxis widerspiegeln. Ziel der hier berichteten Studie war es daher, auf repräsentativer Grundlage die Häufigkeit unterschiedlicher BGF-Niveaus sowie den Einfluss betrieblicher Kontextfaktoren auf deren Umsetzungswahrscheinlichkeit zu bestimmen.

Daten/Methodik: Die Studie basiert auf Sekundäranalysen von Daten aus der repräsentativen GDA-Betriebsbefragung 2011 (N= 6.500). Die darin abgefragten BGF-Maßnahmen wurden zu drei Kategorien (Analyseinstrumente, Maßnahmen der Individualprävention, Gesundheitszirkel) zusammengefasst; je nach deren Konfiguration wurden folgende BGF-Niveaus bestimmt: keine Maßnahmen (Level D), Maßnahmen in nur einer Kategorie (Level C), Kombination von Analyse und Individualprävention (Level B), Kombination von Gesundheitszirkeln mit Analyse und/oder Individualprävention (Level A). Die Einflüsse der Betriebsgröße, des Wirtschaftssektors, der ökonomischen Situation des Betriebs, der Existenz eines Betriebs-/Personalrates sowie der Gewährleistung präventionsfachlicher Betreuung auf die Umsetzung der definierten BGF-Niveaus wurden in einem multinominalen Logitmodell überprüft.

Ergebnisse: Die Prävalenzen der einzelnen BGF-Konfigurationen betrugen 44% (Level D), 29% (Level C), 18% (Level B) und 9% (Level A). In der multivariaten Analyse erwies sich die Betriebsgröße für alle BGF-Levels als der bedeutendste Einflussfaktor, so war die Umsetzungschance des BGF-Levels A in Großbetrieben ab 250 Beschäftigten gegenüber Kleinstbetrieben mit 5 – 9 Beschäftigten um das Zwanzigfache erhöht. Weiterhin erhöhen eine gute wirtschaftliche Lage der Betriebe sowie das Vorhandensein einer sicherheitstechnischen Betreuung, einer betriebsärztlichen Betreuung und eines Betriebs-/Personalrats signifikant die Wahrscheinlichkeit dafür, dass BGF in den Betrieben umgesetzt wird. Die Effekte dieser Variablen waren in der Regel umso größer, je höher das betrachtete BGF-Level war. Für die beiden Sektorvariablen (Öffentlicher Dienst vs. Privatwirtschaft, Produktion vs. Dienstleistungen) zeigten sich im multinomialen Modell dagegen keinerlei Effekte.

Schlussfolgerung: Es bestätigt sich, dass die Implementationschancen von BGF – zumal auf höheren qualitativen Niveaus – in kleineren Betrieben sowie Betrieben mit gravierenden wirtschaftlichen Problemen erheblich reduziert sind. Andererseits sprechen die Ergebnisse dafür, dass Interessenvertretungen der Beschäftigten wie auch für die präventionsfachliche Betreuung bestellte Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärzte als Initiatoren und Promotoren von BGF wirken. Die zum großen Teil in gesetzlichen Regelungen definierten Aufgaben, Befugnisse und Rechte dieser Akteurgruppen bestimmen offenbar – über deren „angestammte“ Handlungsfelder hinaus – in nicht unerheblichem Maße die Möglichkeiten der Umsetzung auch von BGF.