Gesundheitswesen 2014; 76 - A19
DOI: 10.1055/s-0034-1386869

Bedeutung psychischer Erkrankungen in der Rehabilitation und Erwerbsminderung

S Brüggemann 1, A Nebe 1, A Rose 1, T Widera 1, R Buschmann-Steinhage 1, S Weinbrenner 1
  • 1Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin

Hintergrund: Psychische und psychosomatische Störungen sind häufig. Ihre wachsende Bedeutung innerhalb des Gesundheitssystems lässt sich sowohl an den Rehabilitations- und Rentenstatistiken als auch an den Daten zu Arbeitsunfähigkeitszeiten der Krankenkassen (1) ablesen. Auf der einen Seite wird eine Zunahme von Diagnosen aus dem Spektrum psychischer Störungen diskutiert. Auf der anderen Seite wird in Fachkreisen eine reale Zunahme psychischer Störungen bezweifelt (2). Die Entwicklung wird vielmehr einer Sensibilisierung für das Thema in der Öffentlichkeit, einer verbesserten Diagnostik, nachlassender Stigmatisierung sowie veränderten Anforderungen an die psychische Belastbarkeit und geistige Leistungsfähigkeit in der Arbeitswelt zugeschrieben. Möglicherweise werden psychische Störungen durch die zunehmende gesellschaftliche Entstigmatisierung in den Reha- und Erwerbsminderungsrentenanträgen klarer benannt und sind nicht mehr so häufig wie in der Vergangenheit hinter der Beschreibung unspezifischer Beschwerden verborgen. So kann die psychosomatisch-psychotherapeutische Rehabilitation mit ihren speziellen Möglichkeiten gezielter eingesetzt werden. Dies spiegelt sich auch in der Zunahme von psychosomatisch-psychotherapeutischen Rehabilitationsleistungen wider (3). Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat ein Positionspapier verfasst und im Januar 2014 veröffentlicht, in dem es darum geht, den Stellenwert und die Bedeutung psychischer Störungen für Rehabilitation und Minderung der Erwerbsfähigkeit zu verdeutlichen (4).

Methode: In einem ersten Schritt wurde eine Umfrage bei allen DRV-Trägern initiiert, um die aktuelle Versorgung psychisch erkrankter Versicherter der Rentenversicherung zu erfassen. Erfragt wurde die jeweilige regionale Situation, beispielsweise zum Zugang zur Rehabilitation, zu Reha-Nachsorge sowie zum Thema Erwerbsminderungsrenten im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen. Eine weitere Frage war, ob entsprechende thematische Projekte durch die jeweiligen Rentenversicherungsträger initiiert wurden. Aus den Ergebnissen der Trägerumfrage, den statistischen Daten der DRV und der aktuellen wissenschaftlichen Literatur sowie dem sozialmedizinischen Fachwissen der Mitarbeiter der DRV wurde das Positionspapier erstellt und mögliche zukünftige Handlungsfelder identifiziert. Das so erstellte Positionspapier wurde abschließend konsentiert.

Ergebnis: Die Darstellung der Ausgangslage orientiert sich an den Phasen des Behandlungsprozesses, ausgehend vom Reha-Zugang bis zur beruflichen Wiedereingliederung. In einem weiteren Kapitel wird die Bedeutung psychischer Störungen im Erwerbsminderungsgeschehen, der Rehabilitation nach Rentenantragsstellung und die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren des Gesundheitswesen bei der Behandlung und beruflichen Eingliederung dargestellt. Abschließend werden als Fazit zwölf Handlungsfelder herausgearbeitet. Um konkrete Maßnahmen aus den identifizierten Handlungsfeldern zu planen, wurde eine rentenversicherungsträgerübergreifende Arbeitsgruppe gegründet.

Fazit: Psychische Störungen stellen für alle Akteure im Gesundheits- und Sozialbereich eine wachsende Herausforderung dar. Für die DRV heißt das, für den erhöhten Reha-Bedarf und die zunehmende Bedeutung bei der Erwerbsminderung die richtigen Antworten in Form angemessener und bedarfsgerechter Verfahren und Leistungen sowie Kooperationsmodelle mit anderen Akteuren zu finden. Dabei sind die Leistungen der Rentenversicherung ein unverzichtbares Element im Versorgungssystem bei psychischen Störungen, jedoch auch nur ein Teil der Versorgungskette.