Gesundheitswesen 2014; 76 - A47
DOI: 10.1055/s-0034-1386897

Soziale Integration und seelische Gesundheit 50plus – Eine Auswertung des Alterssurveys der Stadt Stuttgart

NI Fassnacht 1, A Galante-Gottschalk 1, HO Tropp 1, B Szagun 2
  • 1Gesundheitsamt Stuttgart, Stuttgart
  • 2Hochschule Ravensburg-Weingarten, Weingarten

Hintergrund: Die seelische Gesundheit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine gute Lebensqualität und ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben im Alter. Befunde deuten darauf hin, dass Menschen mit starker sozialer Unterstützung zu einem höheren Anteil seelisch gesund sind als Menschen mit schwacher sozialer Unterstützung. Ob es einen Zusammenhang zwischen der seelischen Gesundheit von älteren Menschen und deren sozialer Integration gibt, soll mit dieser Arbeit untersucht werden.

Methodik: Die Stadt Stuttgart führte 2012 eine schriftliche postalische Befragung bei einer zufällig ausgewählten Einwohnerstichprobe ab 50 Jahren durch. Von den 3.546 Teilnehmern (Teilnahmequote 53%) schätzen 92% ihren seelischen Gesundheitszustand ein, 95% machten Angaben zu ihrer sozialen Aktivität und 96% zur erhaltenen sozialen Unterstützung. Es wurden deskriptive Analysen zur sozialen Aktivität durchgeführt und geschlechtsspezifische logistische Regressionen mit ‚Seelischer Gesundheit‘ als abhängiger Variable. Als unabhängige Variablen flossen in die Regressionsmodelle ein: Soziale Unterstützung, Alter, Höhe des Einkommens, Bildungsabschluss, Partnerschaft, chronische Erkrankung und Behinderung. Alle Auswertungen wurden mit dem Statistikprogramm IBM SPSS Statistics Version 19 durchgeführt.

Ergebnisse: Zirka 16% der Befragten (F: 17%, M: 15%; p = 0,142) gaben an, psychische Probleme zu haben (Depressions- und/oder Angstneigung). 54% der Befragten geben an, eine hohe soziale Unterstützung zu erhalten. 42% erhalten nach eigenen Angaben geringe soziale Unterstützung und 4% erhalten keine soziale Unterstützung. Dabei gibt es zwischen Frauen und Männern kaum Unterschiede. Die logistische Regression zeigt, dass Unterschiede in der seelischen Gesundheit zwischen Personen mit unterschiedlich großen sozialen Netzwerken bestehen. So haben Frauen und Männer ohne soziale Unterstützung (F: OR = 2,2, 95%-CI: 1,1 – 4,4; M: OR = 2,0, 95%-CI: 1,0 – 3,9) und Frauen und Männer mit geringer sozialer Unterstützung (F: OR = 1,8, 95%-CI: 1,3 – 2,4; M: OR = 1,8, 95%-CI: 1,3 – 2,6) ein erhöhtes Risiko für psychische Probleme im Vergleich zu Personen, die eine hohe soziale Unterstützung erhalten. Des Weiteren gehören zu den Risikogruppen für seelische Auffälligkeiten Menschen mit niedrigem Einkommen und niedrigem Bildungsabschluss, chronisch kranke und behinderte Menschen, Hochaltrige über 75 Jahre sowie alleinstehende Männer.

Diskussion: Der dargelegte positiver Zusammenhang zwischen der sozialen Integration und der psychischen Gesundheit bedeutet für die Gesundheitsförderung in der Stadt Stuttgart weiter daran zu arbeiten, dass soziale Teilhabe für Menschen bis ins hohe Alter möglich ist. Zudem gibt die Identifikation von Risikogruppen konkrete Anhaltspunkte für die zielgruppenspezifische Ausrichtung der Angebote.