Gesundheitswesen 2014; 76 - A51
DOI: 10.1055/s-0034-1386901

Evaluation der Novellierung des Kindertagesförderungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (KiföG M-V) durch das Projekt „Summative Evaluation KiföG M-V“: Ergebnisse der Longitudinalmessung (Vergleich der Messzeitpunkte 1 und 2)

M Franze 1, A Gottschling-Lang 1, W Hoffmann 1
  • 1Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Greifswald

Einleitung: 12%-17% der Einschüler aus Mecklenburg-Vorpommern (M-V) weisen im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen (SEU) Entwicklungsverzögerungen und somit ungünstige Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schulstart auf [1]. Unter anderem durch Beratung der Landesregierung M-V durch die Autoren [2;3;4] ist die Früherkennung von Entwicklungsgefährdungen (EG) bei 3- bis 6-Jährigen aus Kitas in sozial benachteiligten Regionen („DESK-Kitas“) seit 2010 durch das novellierte Kindertagesförderungsgesetz (KiföG M-V) gesetzlich geregelt. Es beinhaltet (1) die jährliche Durchführung des „Dortmunder Entwicklungsscreening für den Kindergarten (DESK 3 – 6)“ für mindestens 3 Jahre, (2) die gezielte individuelle Förderung von Kindern mit EG, (3) die Beteiligung dieser Kitas an einer Evaluation (Projekt „Summative Evaluation KiföG M-V“).

Methoden: Das DESK 3 – 6 dient der Erfassung motorischer, sprachlich-kognitiver und sozialer EG [5]. Am Evaluationsprojekt beteiligen sich 108 Kitas in M-V (n = 2.770 bis 3.010 Kinder; n abhängig von DESK-Skala). Berichtet werden Ergebnisse der Longitudinalmessung anhand zweier Messzeitpunkte (MZP) mit Schwerpunkt auf dem Vergleich der EG-Prävalenzen in den DESK-Befund-Gruppen auffällig/fraglicher Befund versus unauffälliger Befund (Analysen auf Basis altersadjustierter Stanine-Scores; Chi-Quadrat nach Pearson).

Ergebnisse: Je nach DESK-Skala weisen zum 1. MZP zwischen 11% und 36% einen auffälligen/fraglichen DESK-Befund auf. 41% bis 64% dieser Kinder können zum 2. MZP der Gruppe „unauffälliger Befund“ zugeordnet werden. Von den 64% bis 89% der Kinder mit unauffälligem DESK-Befund zum 1. MZP weisen 5,6% bis 8,7% zum 2. MZP einen auffälligen/fraglichen Befund auf (sämtliche Häufigkeitsunterschiede statistisch signifikant; p < 0,01).

Schlussfolgerung: Die Kompetenzverbesserung (1. MZP: auffälliger/fraglicher DESK-Befund, 2. MZP: unauffälliger DESK-Befund) kann als Folge der Förderbemühungen von Eltern, Kitas und externen Fachdiensten interpretiert werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass je nach Kompetenzbereich zwischen 36% und 58% der Kinder mit auffälligem DESK-Befund zum 1. MZP etwa 1 Jahr später immer noch einen solchen Befund aufweisen. Mögliche Erklärung: das vergleichsweise kurze Zeitintervall beider Messungen. Überraschendste Veränderung: Kinder mit unauffälligem DESK-Ergebnis zum 1. MZP, jedoch auffälligem DESK-Ergebnis zum 2. MZP. Ein solches Ergebnis wird als Ausdruck der vergleichsweise geringen zeitlichen Stabilität der Entwicklung kindlicher Kompetenzen in dieser Altersgruppe interpretiert und verdeutlicht, wie wichtig eine kontinuierliche Beobachtung kindlicher Kompetenzen sowie eine Förderung auch bei Kindern mit (noch) unauffälligen, aber dennoch relativ schlechten DESK-Ergebnissen sind.