Gesundheitswesen 2014; 76 - A71
DOI: 10.1055/s-0034-1386921

„Start Speaking Stop Smoking“ – ein Praxisbeispiel für Tabakprävention an Berufsbildenden Schulen

S Herrmann 1, 2, F Stölzel 2, N Seidel 2, M Baumann 2, G Ehninger 2
  • 1Universität Regensburg, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Abt. Medizinische Soziologie, Regensburg
  • 2Universitäts KrebsCentrum Dresden, Dresden

Hintergrund: Rauchen ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für chronische Krankheiten[1]. Etwa 40% aller Krebserkrankungen stehen mit Tabakkonsum in Zusammenhang[2]. Durch die Folgen des Passivrauchens sind in Deutschland jährlich mehr als 3300 Todesfälle zu verzeichnen[3]. Gerade an Berufsbildenden Schulen ist der Konsum von Tabak stark verbreitet, bis zu einem Drittel der Auszubildenden rauchen täglich[4]. Auch für die Nichtraucher* unter den Berufsschülern wird der Tabakkonsum so zu einem bedeutsamen Thema. Das Präventionszentrum des Universitäts KrebsCentrums Dresden bietet seit Feb 2013 in sächsischen Berufsschulen das Kommunikationstraining zum Nichtrauchen ‚Start Speaking Stop Smoking‘ an, um Berufsschüler als Gesundheitskommunikatoren und -multiplikatoren für die Rauchprävention weiterzubilden und sie über den Zugewinn an Lebensqualität bei Tabakverzicht sowie über die Folgen aktiven und passiven Rauchens zu informieren. Ziel ist, die Schüler für das Nichtrauchen und den Passivrauchschutz zu motivieren.

Methodik der Intervention und Evaluation: In dem zweistündigen Training wird im Klassenverbund der Austausch zwischen Rauchern und Nichtrauchern angeregt. Dazu werden Argumente gegen Tabakkonsum interaktiv erarbeitet und die ‚Motivierende Gesprächsführung‘ (Empathie aufbringen, Aktives Zuhören, Diskrepanz aufzeigen, Widerstand umlenken)[5] als Kommunikationsmethode eingeführt. In einer von Experten geleiteten Gruppendiskussion findet ein Meinungswechsel zum Thema Rauchen in der Schule, am Arbeitsplatz und im privaten Raum statt. Zur praktischen Erprobung der gelernten Kommunikationstechniken werden Rollenspiele eingesetzt. 2013 wurden 90 Teilnehmer (6 Klassen) in eine Pretest-Untersuchung einbezogen. Mittels Fragebögen wurden Daten zu zwei Messzeitpunkten (Prä-Post) erhoben. Die zentralen Fragen behandelten neben den Rauchgewohnheiten und dem Wissen zu den Risiken, die Kommunikationskompetenz und -performanz der Schüler sowie Fragen zur Akzeptanz des Trainings.

Ergebnisse: Fast die Hälfte (44,5%) der teilnehmenden Auszubildenden raucht. Nur die wenigsten sprechen in der Berufsschule, am Arbeitsplatz oder in ihrer Freizeit das Thema Tabakkonsum und die damit verbundene Gesundheitsgefährdung an. Einige waren jedoch bereits aufgrund des Rauchens in ein Streitgespräch verwickelt (4,4% – 13,5%). Lediglich ein Viertel findet in Diskussionen die richtigen Argumente und fast alle bemängeln, dass kein aktives Zuhören stattfindet. Nur wenige setzen sich für Problemlösungen ein (3,4% – 6,8%) oder würden gern häufiger mit Anderen über das Thema diskutieren (2,5% – 5,6%). Rauchverbote werden von den meisten ignoriert und nur die Minderheit achtet beim Rauchen darauf, Nichtraucher nicht zu belästigen. Ein großer Teil der Nichtraucher fühlt sich von den Rauchern nicht verstanden und empfindet Rücksichtslosigkeit. Neben einer Wissenszunahme konnte eine Kompetenzerweiterung beobachtet werden (Post). Die meisten Schüler erkennen die Bedeutung der ‚Motivierenden Gesprächsführung‘. Der Wunsch, das Rauchen zu reduzieren, verstärkte sich nach dem Training (79,1% zu 87,5%). ‚Start Speaking Stop Smoking‘ wurde als informativ, ansprechend und sinnvoll bewertet. Besonders das Rollenspiel und die offene Art und Weise, wie über das Thema gesprochen wurde, hat den Teilnehmern gefallen.

Diskussion: Trotz des weit verbreiteten Tabakkonsums unter Berufsschülern wird dieser kaum unter den Auszubildenden thematisiert. Wird darüber gesprochen, dann eher selten problemlöseorientiert. Durch ‚Start Speaking Stop Smoking‘ konnte die Kommunikationskompetenz der Schüler gestärkt werden. Das Training wurde sehr gut von den Befragten akzeptiert. Das Erarbeiten von Problemlösestrategien kann die Schüler befähigen eine gesundheitsförderliche Lebensweise zu entwickeln.