Gesundheitswesen 2014; 76 - A76
DOI: 10.1055/s-0034-1386926

Versorgungsforschung mit bevölkerungsbezogenen Studien

R Holle 1
  • 1Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Neuherberg

Zielsetzung: Ziel des Beitrags ist es, die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von regionalen bevölkerungsbasierten Kohortenstudien für die Versorgungsforschung im Bereich chronischer Krankheiten anhand der Forschungsplattform KORA (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg) aufzuzeigen und zu diskutieren.

Methoden: Die regionale KORA-Forschungsplattform verknüpft quer- und längsschnittliche Studien über einen Zeitraum von inzwischen fast 30 Jahren. Die gesundheitsrelevanten Daten – darunter auch gesundheitsbezogene Lebensqualität – wurden mit Hilfe von medizinischen Untersuchungen, Interviews und Fragebögen erhoben; Informationen zur medizinischen Inanspruchnahme (z.B. Arztbesuche, Arzneimittel) und Indikatoren der Versorgungsqualität (spezielle Fragebögen für Personen mit Diabetes und mit chronischer Lungenerkrankung) wurden retrospektiv von den Teilnehmern erfragt und teilweise über die behandelnden Ärzte validiert. Die vier zeitlich versetzten Kohorten umfassen über 18.000 Personen und inzwischen bis zu 5 Folgeuntersuchungen bzw. -befragungen, im Rahmen der KORA-Age Studie sogar bis zu einem Alter von 90 Jahren.

Ergebnisse: KORA-Studien zeigen beispielsweise Änderungen in der Versorgung von Personen mit Typ-2-Diabetes vor und nach Einführung der Disease Management Programme auf, Unterschiede in der Versorgung von Personen mit und ohne Risikofaktoren wie Übergewicht und Rauchen, oder Unterschiede im Zusammenhang mit sozialer Ungleichheit. Die Stichprobengröße stellt für regionale bevölkerungsbasierte Studien im Hinblick auf die statistische Power ggf. eine Einschränkung dar, jedoch liegen für die Untersuchung der Versorgung relativ häufiger chronischer Erkrankungen oder für häufige Risikofaktoren bzw. Vorstadien ausreichende Fallzahlen vor. Schwerstkranke werden allerdings kaum erfasst. Durch einen Vergleich von KORA-Daten mit Krankenkassendaten konnte gezeigt werden, dass Verzerrungen durch Non-Response oder Erinnerungsfehler zwar bei der Schätzung von Inanspruchnahmehäufigkeiten auftreten, aber Gruppenvergleiche davon weniger betroffen sind.

Schlussfolgerung: Aufgrund des Bevölkerungsbezugs sowie der Erhebung versorgungsrelevanter Merkmale aus Patientenperspektive stellen bevölkerungsbezogene Studien wie die KORA-Kohorten eine wichtige Ergänzung anderer Studienansätze der Versorgungsforschung dar. Der längsschnittliche Ansatz erlaubt zudem die Einbeziehung primärpräventiver Aspekte in die Versorgungsanalyse. Ein Vergleich mit nationalen oder anderen regionalen Bevölkerungsstudien kann Erkenntnisse zu regionalen Unterschieden in der Versorgung liefern.