Gesundheitswesen 2014; 76 - A82
DOI: 10.1055/s-0034-1386932

Elternwunsch und Therapiewirklichkeit: Welche Behandlung wünschen Eltern bei akuter Otitis media (AOM) ihres Kindes? – Ergebnisse aus einer explorativen Elternbefragung

S Kautz-Freimuth 1, M Redaelli 1, 2, D Civello 1, S Stock 1
  • 1Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln (AöR), Köln
  • 2Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf

Hintergrund: Die akute Otitis media (AOM) ist eine der häufigsten Indikationen für die Verschreibung von Antibiotika im Kindesalter [1]. Obwohl die unkomplizierte AOM in rund 80% innerhalb von zwei bis drei Tagen von selbst ausheilt [2], erhalten viele Kinder (> 2 Jahre) mit AOM eine Antibiotikatherapie. Allgemein wird als ein Grund dafür angenommen, dass Eltern ihren Arzt häufig aktiv um Antibiotika bitten [3]. Ziel dieser Analyse ist es, Erfahrungen zu Elternwunsch und tatsächlicher Medikamentenverordnung durch den Arzt sowie mögliche Prädiktoren zu erheben.

Methodik: Angelehnt an ein Modell von Jónsson und Haraldsson [4] zur Elternperspektive zu AOM und Antibiotika wurde ein strukturierter Fragebogen mit insgesamt 17 Fragekomplexen und 53 Items erstellt. Ziel war es, Informationen zu den drei Themen Wissen, Einstellungen und Erfahrungen von Eltern zur Behandlung ihrer Kinder mit AOM zu erhalten. Nach einem Zwei-Phasen-Pretesting (Think-Aloud-Test, Standard-Pretest) wurden die Erhebungsbögen in 15 Kindertagesstätten (KiTas) in städtischen und ländlichen Regionen abgegeben und durch die KiTas an die Eltern verteilt. Die Befragung und alle Analysen erfolgten anonym. Elternwünsche und tatsächliche Verordnung von Medikamenten wurden anhand von zwei Fragekomplexen mit 10 Items erhoben. Die Auswertungen erfolgten mit IBM SPSS Statistics Version 21.

Ergebnisse: Die Rücklaufquote von insgesamt 710 ausgeteilten Fragebögen betrug 19,4% (n = 138). Von den Elternteilen, die geantwortet haben, sind 94,9% weiblich, 94,7% nicht allein erziehend, 43,1% im Alter zwischen 40 und 49 Jahren und 63,7% in städtischen Regionen lebend. 75,4% haben 2 und mehr Kinder. Insgesamt n = 104 Elternteile gaben an, bereits eine oder mehrere AOM bei ihrem Kind erlebt zu haben (n = 43).

Schlussfolgerungen: Nach den Erfahrungen der Eltern unseres Kollektivs werden Antibiotika bei AOM des Kindes fast dreimal häufiger verschrieben als Eltern aktiv darum bitten. Dieses Bild widerspricht der oft geäußerten Annahme, dass die Verschreibung von Antibiotika häufig durch den Elternwunsch beeinflusst wird.