Gesundheitswesen 2014; 76 - A92
DOI: 10.1055/s-0034-1386942

Virtuelle Lehre in der arbeitsmedizinischen Aus-, Fort- und Weiterbildung zum Thema Psychosoziale Belastungen am Arbeitsplatz

N Kroseberg 1, B Herbig 1, LC Escobar Pinzon 2, K Radon 1
  • 1Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin; Klinikum der Universität München, München
  • 2Institut fuer Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz

Zielsetzung: Psychosoziale Belastungen, wie häufige Unterbrechungen bei der Arbeit, Termin- und Leistungsdruck oder Multitasking nehmen in Deutschland kontinuierlich zu. Hieraus resultierende psychische Fehlbeanspruchungen gehen oft mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit einher. Es ist daher notwendig, dass Arbeits- und Sozialmediziner wie auch Studierende der Medizin über fundierte Kenntnisse im Themenfeld der psychischen Gesundheit in der Arbeit verfügen. Wissen und Kompetenz über Ressourcen und lösungsorientierte Vorgehensweisen zählen hierzu genauso wie Modelle der Stressentstehung bei der Arbeit. Ansätze der Intervention im betrieblichen Umfeld dienen der Prävention von arbeitsstressbedingten Erkrankungen, Wissen über die Früherkennung von psychischen Erkrankungen und der Versorgung bereits Erkrankter. Kenntnis über die Versorgung psychisch Erkrankter stellt eine Schnittstelle der Arbeits- und Sozialmedizin, dem medizinischen Versorgungssystem und der Reintegration in die Arbeitswelt dar und ist für Akteure unverzichtbar.

Methoden: Gefördert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurde ein E-Learning Modul zum Thema „Psychosoziale Belastung am Arbeitsplatz“ entwickelt. Das Modul richtet sich an Praktizierende und Studierende in der Aus-, Fort- und Weiterbildung und basiert auf dem Ansatz des problemorientierten, fallbasierten Lernens. In zehn praxisnahen Fällen werden Kenntnisse der Belastung und Beanspruchung am Arbeitsplatz dargelegt. Die Auswahl der behandelten Themen spezifiziert gesellschaftspolitische Ereignisse und die sich hieraus ergebende Relevanz der Aus-, Fort- und Weiterbildung für die Zielgruppe. Das Lehrmodul zielt auf die Verbreitung im Bundesgebiet ab und wird anhand eines eigens hierfür entwickelten Evaluationsbausteins bewertet. Für eine erfolgreiche Bearbeitung der Lernfälle durch NutzerInnen ist die Vergabe eines Zertifikats durch das Institut und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München vorgesehen.

Ergebnisse: In den 10 Virtuellen Patienten werden anhand von Fallgeschichten folgende Aspekte der psychosozialen Belastung am Arbeitsplatz vorgestellt:

  • Grundlegende Kenntnisse:

    • Erhebung der Sozial- und Berufsanamnese,

    • Modelle der Stressentstehung in der Arbeit,

    • Psychosoziale Belastung und Beanspruchung,

  • Spezifische Arbeitsmerkmale:

    • Zeitdruck/Arbeitsverdichtung,

    • Soziale Unterstützung am Arbeitsplatz,

    • Emotionale Belastung

  • Spezifische Outcomes:

    • Post-traumatischer Stress,

    • Psychosomatische Beschwerden,

    • Stress und Low-back Pain,

    • Mobbing (Definition, Phänomen, Prävention, Intervention),

    • Burn-Out,

    • Arbeit und Depression,

    • Suchtproblematiken,

    • Work-Family-Conflict,

    • Arbeitsfähigkeit und Alter, Work ability

  • Handlungsbereiche/Interventionen:

    • Psychische Gefährdungsbeurteilung:
      a. Inhalte,
      b. Prozessgestaltung,
      c. Methoden,
      d. Prävention und Interventionsmöglichkeiten;

    • Stressprävention;

    • Return to work

Schlussfolgerungen: Das entwickelte E-Learning Modul soll einen Beitrag dazu leisten, den hohen Bedarf an Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten in der Arbeits- und Sozialmedizin effektiv abzudecken. Die Einzigartigkeit der Methode ist durch den hohen Praxisbezug sowie die Vorteile räumlicher und zeitlicher Flexibilität für Lernende, als auch durch die nachgewiesene Verbesserung der Lernleistung begründet.