Gesundheitswesen 2014; 76 - A106
DOI: 10.1055/s-0034-1386956

SWOT-Analyse als Instrument für die Weiterentwicklung von Kurorten und Heilbädern

V Marquardt 1, E Schäfer 1, T Ewert 1
  • 1Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Nürnberg

Einleitung/Hintergrund: Die Bevölkerung in Deutschland wird stetig älter [1]. Durch die damit verbundene Zunahme von chronischen Krankheiten und degenerativen Prozessen wird der Bedarf an präventiven und rehabilitativen Maßnahmen voraussichtlich steigen. Kurorte und Heilbäder können in diesem Zusammenhang einen wichtigen Betrag in der Versorgung leisten. Um allerdings zukunftsfähig zu bleiben, scheinen dort inhaltliche und strukturelle Anpassungen notwendig. Ein Projektconsulting unterstützt bayerische Kurorte und Heilbäder im Rahmen eines Förderprogrammes des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege bei dieser Herausforderung. Als Methode für die strategische Weiterentwicklung und Ableitung von Handlungsempfehlungen für Kurorte und Heilbäder, wurde die SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) verwendet, die bislang in diesem Feld nur selten angewendet wurde. Üblicherweise kommen SWOT-Analysen im Qualitätsmanagement und im strategischen Management zur Analyse der Wettbewerbssituation [2] zum Einsatz. Insoweit stellt sich die Frage, ob SWOT-Analysen als Methode für die Ableitung von Handlungsstrategien mit dem Schwerpunkt auf medizinische Versorgungsstrukturen für die Weiterentwicklung von Kurorten und Heilbädern geeignet sind.

Daten/Methodik: Mit Hilfe der SWOT-Analyse wurde zunächst der IST-Zustand in zwei Kurorten und Heilbädern anhand der Dimensionen „Strenghts“, „Weakness“, „Opportunities“ und „Threats” bestimmt. Hierbei stellen Stärken und Schwächen interne Faktoren dar, die die Gemeinden überwiegend selbst beeinflussen können. Chancen und Risiken werden den externen Faktoren zugeordnet, die auf Kurorte und Heilbäder einwirken. Die Ermittlung der internen und externen Faktoren erfolgte auf Basis von a) Literaturanalysen b) Interviews der Akteure vor Ort c) Vor-Ort-Begehungen. Einbezogen wurden ebenfalls regionale Gegebenheiten, Qualitätsstandards sowie Erkenntnisse aus der evidenzbasierten Medizin. Auf Basis der beschriebenen Dimensionen wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Ergebnisse: Für Kurorte und Heilbäder konnten folgende relevante Bereiche ermittelt werden:

politische Strukturen, gesetzliche Rahmenbedingungen, finanzielle und personelle Ressourcen, wirtschaftliche und regionale Faktoren (u.a. Konkurrenzsituationen, Kooperationsmöglichkeiten, Image, Gästestruktur, Nachfragetrends, Infrastruktur, Kultur- und Tourismusangebote, Beherbergung), Versorgungsstrukturen (u.a. Anzahl von Kliniken/Praxen, Kernkompetenzen, Gesundheitsangebote) und Zukunftstrends (u.a. demographische Entwicklung).

Basierend auf den Ergebnissen der SWOT-Analyse konnten für Kurorte und Heilbäder Handlungsempfehlungen mit dem Schwerpunkt zur Weiterentwicklung von medizinischen Versorgungsstrukturen abgeleitet werden. Diese betreffen auch die Entwicklung bzw. Anpassung von medizinischen, präventiven und rehabilitativen Angeboten. Die Ergebnisse der SWOT-Analysen wurden von den Kurorten und Heilbädern als realistische Optionen bewertet und positiv aufgenommen. In beiden Fällen gab die SWOT-Analyse den Impuls zur Schaffung und Pflege eines Netzwerkes der örtlich ansässigen Gesundheitsdienstleister vor Ort.

Diskussion/Schlussfolgerung: Bei der Anwendung auf Kurorte und Heilbäder ist die Zuordnung zu internen und externen Faktoren mitunter noch herausfordernder als in den klassischen Anwendungsbereichen, da einige Bereiche durch viele Faktoren und Akutere beeinflusst werden und auch die Zuständigkeiten und Kompetenzen mitunter vielschichtig sind. Dass SWOT-Analysen per se ein „hohes Maß an Subjektivität“ mit sich bringen, gilt auch in diesem Anwendungsfall [3]. Der konsequente Einsatz der SWOT-Analyse führt dazu, dass umfassende Informationen aus unterschiedlichen Quellen erhoben werden müssen und ermöglicht auf dieser Basis systematisch Handlungsempfehlungen zu entwickeln.