Gesundheitswesen 2014; 76 - A166
DOI: 10.1055/s-0034-1387016

Praxis und Wirksamkeit der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV)

W Schneider 1
  • 1Universität Augsburg, Augsburg

Empirische Befunde aus zwei – von der Paula Kubitscheck-Vogel-Stiftung sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit geförderten – Begleitstudien in Bayern (2010/11 und 2012/13) zeigen, dass die 2007 deutschlandweit eingeführte Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) schwerstkranken Patienten ein Sterben im häuslichen Umfeld auch bei komplexem Symptomgeschehen ermöglicht. Um dieses Sterben in der vertrauten Umgebung zu gewährleisten, richtet sich SAPV nicht nur an medizinisch-pflegerischen Aspekten wie vor allem der Schmerzlinderung aus, sondern umfasst auch verschiedene Beratungs- und Koordinationsarbeiten sowie insbesondere den Bereich der psychosozialen Unterstützung der Patienten und ihrer Angehörigen. Das Herstellen einer von allen am Versorgungsgeschehen Beteiligten als sicher wahrgenommenen Betreuungssituation erscheint dabei ebenso wichtig wie eine – soweit wie möglich anzustrebende – Normalisierung der alltäglichen, vertrauten Lebensvollzüge der Patienten und Angehörigen in der erlebten Außeralltäglichkeit und existenziellen Krisenhaftigkeit des ‚Zuhause Sterbens‘. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass die allgemeinen ambulanten Versorgungsstrukturen vor Ort den Bedarf und Umfang, aber auch die Wirkung von SAPV bestimmen; und umgekehrt prägt die SAPV durch ihre Praxis die jeweilige regionale Versorgungslandschaft, indem sie das Ressourcen- und Rollengefüge bisheriger Versorgungsakteure verändert. Diese Befunde basieren auf zwei Studien, an denen über den Gesamtforschungszeitraum von drei Jahren insgesamt 22 SAPV-Dienste teilgenommen haben und die jeweils zwei parallel laufende Forschungsstrategien verfolgten. Zum einen erfolgte die statistische Auswertung des für Bayern im Rahmenvertrag für alle SAPV-Anbieter vorgegebenen standardisierten Einzelfallevaluationsbogens, der eine quantifizierende Deskription der bayerischen SAPV-Praxis zu wichtigen Parametern erlaubt (z.B. Leistungskennzahlen, Symptomlast etc.); in die quantitative Erhebung sind 7.799 Bögen eingegangen. Zum anderen wurden in den zwei Studien insgesamt 143 qualitative Interviews mit den SAPV-Diensten und weiteren Versorgungsanbietern sowie mit Angehörigen und Patienten geführt. Der Vortrag fasst die wesentlichen Ergebnisse der beiden Begleitstudien zusammen und diskutiert vor diesem Hintergrund mögliche Entwicklungsperspektiven der palliativen Versorgung.