Gesundheitswesen 2014; 76 - A223
DOI: 10.1055/s-0034-1387073

Querschnittsstudie an Paaren in Kinderwunschbehandlung (PinK-Studie) – Sorgen um ausbleibende Schwangerschaft und der Weg in ein Kinderwunschzentrum

U Zier 1, E Münster 1
  • 1Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz

Hintergrund: Über den Weg zur reproduktionsmedizinisch assistierten Kinderwunschbehandlung und deren Verlauf liegen für Deutschland nur wenige sozialmedizinische Erkenntnisse vor. Im Jahr 2011 wurden laut Deutschem IVF Register 49.696 Frauen reproduktionsmedizinisch behandelt. Nach Behandlung wurden im selben Jahr mindestens 13.587 Kinder geboren, was 2,1% der lebend geboren Kinder in Deutschland entspricht. Grundlage für Aufnahme einer Kinderwunschbehandlung ist die Diagnose der Sterilität, deren Stellung zumeist nach zwölf Monaten erfolgloser Versuche schwanger zu werden empfohlen wird, bzw. nach sechs Monaten bei Frauen ab 35 Jahren. Erstmalig zeigt die Pink-Studie mit quantitativen Ergebnisse auf, wie der Weg zur Kinderwunschbehandlung aus Sicht von Patientinnen und Patienten in Kinderwunschzentren verläuft.

Daten: Mittels schriftlich auszufüllender geschlechtsspezifischer Fragebögen wurden Patientinnen und Patienten, die am Anfang einer Behandlung im Kinderwunschzentrum standen, befragt. Die Studienunterlagen wurden von Mitarbeitern aller fünf Kinderwunschzentren in Rheinland-Pfalz (Erhebungszeitraum: Juli 2012 – April 2013) sowie des Kinderwunschzentrums in Wiesbaden (Hessen; Erhebungszeitraum: Dezember 2012 – April 2013) beim Aufklärungsgespräch zur ersten Behandlung an die Patientenpaare übergeben. Einschlusskriterien waren ein Wohnsitz in Deutschland sowie deutsche oder türkische Sprachkenntnisse mindestens eines Partners. Die Fragebögen wurden zu Hause ausgefüllt und anonym an die Studienzentrale gesendet. Studiendesign und -unterlagen wurden durch die Ethikkommissionen der Landesärztekammern sowie die Datenschutzbeauftragten beider Länder positiv bewertet.

Ergebnisse: 1832 Fragebögen wurden an 916 Patientenpaare übergeben. Bis zum 31.07.2013 sind insgesamt 567 (n = 343 Frauen, n = 244 Männer, n = 236 Paare) Fragebögen in der Studienzentrale eingegangen, so dass folgende Rücklaufquoten zutreffen: Gesamt: 31%; Frauen: 37%; Männer: 27%; Paare: 26%. Innerhalb des ersten Jahres mit Kinderwunsch begannen mehr als 50% der Frauen und Männer sich über die ausbleibende Schwangerschaft zu sorgen. 98% der Frauen konsultierten vor dem Besuch im Kinderwunschzentrum einen anderen Arzt zum Thema, 63% der Männer. Bei mehr als 40% der Frauen fand dieses Gespräch ebenfalls im ersten Jahr mit Kinderwunsch statt, bei den Männern zu etwa 25%. 60% der Frauen und 54% der Männer wurde eine Untersuchung empfohlen, oft gemeinsam mit der Empfehlung, ein Kinderwunschzentrum aufzusuchen. Diese Empfehlung erhielten 49% der Frauen und 40% der Männer. Ein signifikanter Zusammenhang zur Dauer des Kinderwunsches und der Empfehlung, ein Kinderwunschzentrum in Anspruch zu nehmen, kann nicht festgestellt werden. 20% der Frauen und 16% Männer berichteten Probleme bei der Diagnostik vor dem Besuch im Kinderwunschzentrum. Etwa 18% der Paare suchten innerhalb des ersten Jahres mit Kinderwunsch ein Kinderwunschzentrum auf, weitere 50% innerhalb der nächsten beiden Jahre.

Diskussion: Die befragten Paare in Kinderwunschbehandlung begannen früh, sich über eine ausbleibende Schwangerschaft zu sorgen und insbesondere Frauen nahmen schnell ärztliche Beratung/Hilfe in Anspruch. Jeder dritte Mann sprach im Vorfeld mit keinem Arzt, sodass Beratung und Untersuchung beider Partner vor Besuch des Kinderwunschzentrums nicht durchgehend stattfand. Zwei Drittel der Probanden besuchten innerhalb der ersten drei Jahre mit Kinderwunsch ein Kinderwunschzentrum. Dieser Übergang scheint zumeist relativ schnell zu funktionieren. Jedoch besteht bei zu früher Überweisung die Möglichkeit einer Überbehandlung. Hierzu sind weiterführende Analysen notwendig. Zu berücksichtigen sind mögliche Selektionseffekte, sodass besonders aktive und besorgte Paare möglicherweise überrepräsentiert sind. Insgesamt erscheinen Informations- und Beratungsbedarf der Paare hoch. Um spezielle Aufklärungsbedarfe abzuschätzen sind bisher fehlende Vergleichsdaten notwendig.