Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - PO_Endo03_12
DOI: 10.1055/s-0034-1388000

Nach Polkörperdiagnostik geborenes Kind ohne krankheitsverursachende Deletion im NDP-Gen (Norrie-Syndrom)

T Harasim 1, A Wagner 1, R Suttner 2, D Shakeshaft 2, C Santjohanser 2, W Würfel 2, D Wahl 1, I Rost 1
  • 1Zentrum für Humangenetik und Laboratoriumsdiagnostik, Dr. Klein, Dr. Rost und Kollegen, Martinsried, Germany
  • 2Kinderwunsch Centrum München, München, Germany

Fragestellung: Eine 33-jährige Patientin mit bekanntem Überträgerstatus für das Norrie-Syndrom stellte sich mit dem Wunsch nach einer Polkörperdiagnostik (PKD) zur genetischen Beratung vor. Die zugrunde liegende krankheitsverursachende Deletion im NDP-Gen war genetisch nicht kartiert. Ziel war es, eine Polkörperdiagnostik mit höchstmöglicher diagnostischer Sicherheit zu etablieren, was die basengenaue Bestimmung des Deletionsbruchpunktes und den direkten Nachweis der Deletion in den Polkörpern voraussetzt.

Methodik: Vorbefunde schränkten den möglichen Deletionsbereich im NDP-Gen auf eine Größe von ˜ 23,5 Kilobasen (kb) ein, der nach einer hochauflösenden SNP-Array Analyse (Infinium, CytoSNP-850K, Bluegnome) auf 2,8 kb eingegrenzt werden konnte. Eine Amplikonsequenzierung erlaubte schließlich die basengenaue Kartierung des Deletionsbruchpunktes und den direkten Nachweis der Deletion mithilfe eines bruchpunktumspannenden Amplikons im Rahmen einer PKD. Zusätzlich wurden 6 informative Mikrosatellitenmarker zum Nachweis des deletionstragenden Haplotyps verwendet. Es folgte die Verifizierung des Haplotypes anhand einer 2. Meiose (betroffener Bruder der Patientin) und eine klinische Validierung des entwickelten Nachweissystems mit mehr als 50 Einzelzellen der Patientin.

Ergebnis: In 5 von insgesamt 9 Eizellen war weder die krankheitsverursachenden Deletion noch der damit gekoppelte Haplotyp nachzuweisen. Über zwei weitere Eizellen konnte aufgrund eines Amplifikationsausfalls bzw. der Abwesenheit des 2. Polkörpers keine Aussage getroffen werden. Es erfolgte ein Transfer im Stimulationszyklus von 2 Eizellen am Tag 3. Ein gesundes Mädchen wurde am 19.2.2014 geboren.

Schlussfolgerung: Sowohl für Polkörper- als auch Präimplantationsdiagnostik kann sich die Kartierung der krankheitsverursachenden Mutation als aufwendig erweisen. Die Verwendung von hochauflösenden SNP-Arrays erleichtert die Kartierung von Deletionen und Duplikationen, was die diagnostische Sicherheit einer PKD signifikant erhöht.