Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - PO_Geb04_14
DOI: 10.1055/s-0034-1388095

Die genitale Fehlbildung – das Stiefkind der Pränataldiagnostik?

V Dirks 1, J Knabl 1, B Lell 2, MA Schroth 1, T Schröder 3, F Kainer 1
  • 1Klinik Hallerwiese, Nürnberg, Germany
  • 2Gemeinschaftspraxis Dres. Lell/Koch/Weidhaus, Herzogenaurach, Germany
  • 3Pränatalmedizin Nürnberg/Bayreuth/Ansbach (MVZ), Nürnberg, Germany

Hintergrund: Die Differentialdiagnose fetaler Raumforderungen stellt eine interdisziplinäre Herausforderung dar. Gerade zu genitalen Fehlbildungen existiert wenig Literatur.

Methodik: Anhand von zwei aktuellen Fallberichten und einer Übersicht über die aktuelle Literatur soll die Diagnostik bei zystischen Raumforderungen im fetalen kleinen Becken und die Differentialdiagnosen mit Schwerpunkt auf die genitalen Fehlbildungen diskutiert werden.

Ergebnisse: (1) 33-jährige G1 P0, 12+0 SSW extern V.a. auf Megazystis. Vorstellung in unserem Hause mit 17+4 SSW: Fet normosom, Hydronephrose rechts und dysplastische Niere links, Blasengröße rücklaufig, (AC extern: 46,XX), Fruchtwasser unauffällig.

Erneute Zuweisung bei 26+6 SSW: schweres Oligohydramnion, schwere Hydronephrose, ausgeprägte Megazystis. Zweitmeinung mit Fetalblutentnahme: Niereninsuffizienz, ebenfalls V.a. Megazystis.

SSW28+0: Anhydramnion und V.a. Ovarialzyste mit verdrängter Harnblase- Abpunktion.

SSW30+1: Persistierendes Anhydramion, erneute Zystenbildung – Fetozid bei V.a. schwere Niereninsuffizienz und Kloakenmalformation.

Obduktion: Anal- und Urethralatresie mit Hydronephrose, ureterovaginale Fistel und Hydrokolpos und weitere Fehlbildungen.

(2) 26-jährige G2 P1, monochorial-diamniote Gemini-Gravidität. Einweisung 25+6 SSW mit V.a. FFTX. Befund: Polyhydramnion bei Fet 1, Ascites und echoarme Raumforderung hinter der Blase, V.a. gastrointestinale Fehlbildung. Fet 2 unauffällig. TORCH-Serologie unauffällig. (AC: 46, XX)

Verlaufskontrolle bei 27+2 SSW mit Darstellung einer progredienten gekammerten, zystischen Struktur hinter der Harnblase. V.a. Darmperforation mit Hydronephrose. Größenprogredienz bis 7 cm und Klitorishypertrophie.

Spontanpartus beider Kinder mit 37+5 SSW.

Befunde nach Geburt: Notfall- Laparotomie bei akutem Abdomen: Kloakenmalformation mit Uterus/Vagina duplex, Analatresie, Hydrometrokolpos. Zysto- und rekto-vaginale Fistel.

Schlussfolgerung: Bei Raumforderungen im fetalen kleinen Becken muss bei weiblichen Feten an die genitale Fehlbildung gedacht werden. V.a. die Kloakenmalformation ist eine schwerwiegende Fehlbildung, welche prognostische Konsequenzen für den Schwangerschaftsverlauf hat.