Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - PO_Geb06_16
DOI: 10.1055/s-0034-1388133

Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie in der Schwangerschaft

J Dautel 1, O Nowak 1, T Grosse Steffen 1, E Pfeiffer 1, M Sütterlin 1, R Schaffelder 1
  • 1Universitätsklinikum Mannheim, Frauenklinik, Mannheim, Germany

Hintergrund: Bei der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH) kommt es durch eine erworbene somatische Mutation im PIG-A Gen in multipotenten hämatopoetischen Stammzellen des Knochenmarks u.a. zur vermehrten komplementaktivierten Hämolyse der Erythrozyten. Die PNH hat eine Inzidenz von ca. 1,3/1 Millionen Einwohner und ist aufgrund ausgeprägter Thrombophilie mit hoher Letalität durch venöse Thrombosen charakterisiert. In der Schwangerschaft wird eine maternale und fetale Letalität von 11,6% bzw. 7,2% angegeben. Eine Langzeittherapie mit Eculizumab führt zu nahezu normaler Überlebenszeit.

Vorgestellt wird ein Fall einer in der Schwangerschaft neu diagnostizierten PNH, die laborchemisch initial als HELLP-Syndrom interpretiert wurde.

Falldarstellung: Eine klinisch asymptomatische 31-jährige I-Gravida/O-Para stellte sich in der 32. SSW mit Thrombozytopenie (70.000/l), LDH-Erhöhung (866 IU/l), erniedrigtem Haptoglobin (0,07 g/l) und leichter Leberwerterhöhung (ASAT 43 IU/l) vor. Daraufhin stationäre Aufnahme zur RDS-Prophylaxe bei V.a. HELLP-Syndrom. Bei zusätzlicher makrozytärer, hyperchromer Anämie und Leukozytopenie wurde im Verlauf der V.a. eine PNH geäußert, Diagnosebestätigung mittels Immunphänotypisierung. Nach Thromboseausschluss Beginn einer prophylaktischen Antikoagulation mittels Fondaparinux 2,5 mg/d und Eculizumab 600 mg/Woche i.v. Aufgrund des erhöhten Risikos einer Meningokokkensepsis bei Eculizumabgabe simultane Meningokokkenimpfung zu Therapiebeginn. Bis zur Immunisierung zusätzliche Infektionsprophylaxe mit Ceftriaxon 2 g/d. Im Verlauf Anstieg der Thrombozytenzahl (86.000/l) und Rückgang der LDH. Mit 37+2 SSW komplikationsloser Spontanpartus nach Weheninduktion eines gesunden männlichen Neugeborenen (APGAR 5/10/10, arterieller pH-Wert 7,19, BE -6,3 mmol/l).

Schlussfolgerung: Die PNH in der Schwangerschaft kann labortechnisch als HELLP-Syndrom fehlinterpretiert werden. Eine simultane hämolytische Anämie mit Thrombozytopenie und Leukopenie führten hier zur Diagnose. Unter Eculizumabtherapie und antikoagulativer Prophylaxe kann eine Schwangerschaft und Geburt bei PNH erfolgreich betreut werden.