Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - PO_Onko11_01
DOI: 10.1055/s-0034-1388517

Klinische Überlegungen zur Prävention des serösen high-grade Ovarialkarzinoms durch prophylaktische bilaterale Salpingektomie bei gynäkologischen Eingriffen aus benigner Indikation

G Crombach 1
  • 1St. Marien-Hospital Düren, Gynäkologie und Geburtshilfe, Düren, Germany

Die tubare Hypothese zur Ätiologie des serösen high-grade Ovarialkarzinoms (SHGO) legt die Möglichkeit der Prävention des prognostisch ungünstigen Tumors (92% FIGO III/IV) durch eine prophylaktische bilaterale Salpingektomie (PBS) nahe. Befragungen zeigen, dass 65 – 90% der klinisch tätigen Gynäkologen heute bereits eine PBS bei gynäkologischen Eingriffen aus benigner Indikation durchführen oder zukünftig planen. Die Vorläuferläsion STIC (serous tubal intraepithelial carcinoma) ist gemäß großen Sammelstatistiken nur bei 33% der SHGO von Frauen mit allgemeiner familiärer Ovarialkarzinombelastung, bei 80% der BRCA1/2- Mutationsträgerinnen und bei 44% der Patientinnen mit sporadischen Karzinomen nachweisbar. Die Studien, die die geringe Komplikationsrate der PBS belegen, sind methodisch anfechtbar (retrospektiv, kleine Fallzahlen, keine adäquates Vergleichskollektiv). Alle Studien zur potentiellen Auswirkung auf die endokrine Situation beziehen sich sich nur auf eine Beobachtungszeit von maximal drei Monaten. Zur Abschätzung des möglichen Effektes der PBS auf die Prävalenz des SHGO müssen neben dem Lebenszeitrisiko die relative Häufigkeit der STIC, die protektive Wirkung und die Anzahl der jährlich in der BRD durchgeführten Hysterektomien sowie Sterilisationen berücksichtigt werden. Nach dieser Modellrechnung müssen 300 PBS bei einer Hysterektomie bzw. 245 PBS bei einer Sterilisation durchgeführt werden, um ein SHGO zu vermeiden. Diese Zahlen entsprechen etwa der NNT (number needed to treat) von 1: 220, die 2009 von Parker et al. in der Nurses Health Study für die bilaterale Adnexektomie publiziert wurde. Unter Annahme dieser Zahlen lässt sich durch die opportunistische PBS die Häufigkeit des SHGO um maximal 5 – 10% vermindern.

Schlussfolgerung: Gegenwärtig erscheint die Datenlage zur routinemäßigen Durchführung der PBS noch unzureichend.