Einleitung: Beim gezielten evidenzbasierten Schmerz-Assessments spielt die Schmerzmessung in
Zusammenhang mit der Störung des Gesundheitszustandes, funktionellen Störungen mit
negativem Einfluss auf die Lebensqualität und Partizipation eine entscheidende Rolle.
Ziel dieser Übersicht ist die Darstellung von der Anamnese über die klinische Untersuchung
bis zu Skalen, Scores und Fragebögen unter Berücksichtigung evidenzbasierter Gütekriterien.
Methodik: Übersicht unter Verwendung gängiger elektronischer Literaturdatenbanken.
Resultate: Zur eindimensionalen und mehrdimensionalen Schmerzmessung stehen Intrumente zu Verfügung,
die bestimmte evidenzbasierte Gütekriterien wie Validität, Reliabilität, Veränderungssensitivität
(= Responsivität) und Objektivität erfüllen. Das Assessment des Rückenschmerzes bzw.
des muskloskletalen Schmerzes beginnt mit der allgemeinen Anamnese sowie der gezielt
in Richtung Schmerz, Funktionseinschränkungen, Bewegungseinschränkung und Aktivitätseinschränkung
erhobenen Krankengeschichte. So hat das diagnostische Management beim Rückenschmerz
und Kreuzschmerz mehrere Zielen: 1) die Ursachen der Beschwerden aufzudecken, insbesondere
wenn diese einer spezifischen oder dringlichen Behandlung bedürfen („Red Flags“),
2) der Objektivierung der Beschwerden und daraus resultierenden Funktionsstörungen
als Grundlage für die Verlaufsbeobachtung und 3) dem Aufdecken von Faktoren („Yellow
flags“), die ein Risiko für die Chronifizierung bergen. Dann folgt die körperliche
Untersuchung (Physikalischer Status, u.a. Prinzip Inspektion-Palpation-aktive und
passive Bewegung-Messsung), die an der Medizinischen Universität Wien von Physikalisten
koordiniert und gelehrt wird. Neben Anamnese und Status können zusätzlich evidenzbasierte
Skalen, Scores und Fragebögen bei der Untersuchung nützlich sein. Beispielhaft werden
folgende Skalen/Scores, die wissenschaftliche Gütekriterien relativ gut erfüllen,
angeführt. Die Visuelle Analog Skala (VAS), Nummerische Rating Skala (NRS), Verbale
Rating-Skala (VRS) und Smiley Analog Skala (SAS) sind eindimensionale Schmerzassessment-Instrumente.
Mehrdimensionale Schmerz-Fragebögen, die unterschiedliche Schmerzlokalisationen abdecken,
sind z.B. STarT Back Screening Tool Interpretation („Screening”-Instrument für Risikoabschätzung
bei Rückenschmerz), Funktionsfragebogen Hannover (FFb-H; Wirbelsäule, Gelenke), Roland
Morris Questionnaire (Wirbelsäule), Harris Hip Score (Hüfte), Western Ontario and
McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC; Knie, Hüfte), Constant Score (Schulter),
Disability of the Arm, Shoulder and Hand questionnaire (DASH-G; obere Extremität).
Fragebögen, die sich mit Risiko der Schmerzchronifizierung beschäftigen, sind „Hospital
Anxiety and Depression“ (HAD)-Skala (HADS-D), Fear Avoidance Beliefs-Fragebogen, Mainzer
Stadienmodell der Schmerzchronifizierung (MPSS-Gerbershagen) sowie Freiburger Fragebogen-Stadien
der Bewältigung chronischer Schmerzen (FF-STAB).
Schlussfolgerung: Evidenzbasierte Grundpfeiler des Assessments bei Schmerzpatienten stellen die gezielte
Anamnese und körperliche Untersuchung inklusive funktioneller Tests dar, wobei diese
durch Anwendung ausgewählter Skalen, Scores und Fragebögen zur exakteren Evaluierung
mit dem Ziel der Erstellung eines individuell angepassten Therapieplans, optimal ergänzt
werden. Für die Zukunft steht die Entwicklung zeitgemäßer und standardisierter Assessments
und die Integrierung ebendieser in die Medizinische Ausbildung (Line Element „Physikalische
Gesundenuntersuchung“/PGU) an den Medizinischen Universitäten an.