veterinär spiegel 2015; 25(1): 21
DOI: 10.1055/s-0034-1396234
Nutztiere & Pferde
Editorial
Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart · New York

Konzepte zur Vorbeuge entwickeln

Rainer Schneichel
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Publication Date:
13 March 2015 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst wünsche ich Ihnen und Ihren Familien alles erdenklich Gute für das Jahr 2015, viel Glück, Lebensfreude und beruflichen Erfolg.

Lassen Sie uns gemeinsam auf die Herausforderungen blicken, die die Zukunft für unseren Berufsstand bereithält. Ein zentrales Thema bleibt die gesetzlich geforderte Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung. Nach vielen Diskussionen und Stolpersteinen scheint nun wenigstens bzgl. der Datenbank und Datenerfassung ein praktikabler Weg gefunden zu sein.


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Was uns allerdings tagtäglich in unserer Großtierpraxis begegnet, ist ein großes Unwissen auf Seiten vieler Landwirte. Trotz zahlreicher Veröffentlichungen in Fachmagazinen, auf Vortragsveranstaltungen sowie im Internet scheinen einige Nutztierhalter den Ernst der Lage bzw. die Notwendigkeit der Datenmeldung bislang nicht erkannt zu haben. Als ich dieses Editorial schrieb, stand der erste Meldetermin, 14.01.2015, kurz bevor. Die Telefone in unserer Praxis sind heißgelaufen, Fragen über Fragen zur Vorgehensweise halten unsere Tierärzte auf Trab.

Natürlich stehen wir den Betrieben als Ansprechpartner zur Verfügung. Allerdings müssen wir offen kommunizieren, dass sich das Gesetz in erster Linie an die Tierhalter selbst richtet und sie in der Verantwortung stehen.

Eine gute Gelegenheit, die Landwirte stetig auf dem Laufenden zu halten und Hilfestellung zu bieten, sind die Betriebsbesuche im Rahmen der Bestandsbetreuung. Gemeinsam können wir vor Ort offene Fragen klären und Konzepte zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes entwickeln.

Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass dies vor allem mit einer kontinuierlichen Verbesserung der Vorbeuge gelingen kann. Wichtig dabei ist, sämtliche Bereiche des Betriebes unter die Lupe zu nehmen. Dazu gehört die Beurteilung des Tierverkehrs, der internen und externen Biosicherheit, der Haltung, des Stallwetters, der Fütterung sowie des gesamten Managements durch alle am Tier tätigen Personen.

Ein gutes Hilfsmittel zum Auffinden von Schwachstellen sind beispielsweise Checklisten, anhand derer man mit dem Tierhalter die einzelnen Produktionsbereiche überprüfen kann. Fehler werden auf diese Weise schnell aufgespürt.

Die Landwirte sollten zudem durch uns geschult werden, wie sie sich anbahnende gesundheitliche Probleme frühzeitig erkennen können. Dabei spielen die tägliche Beobachtung der Tiere sowie die richtige Interpretation von Tiersignalen und Verhaltensweisen eine bedeutende Rolle.

Wenn es uns gelingt, diese Punkte gemeinsam zu verbessern, wird damit die Notwendigkeit therapeutischer Maßnahmen schon spürbar sinken.

Impfungen dienen ebenfalls diesem Zweck. In einem großen Teil der von uns betreuten Betriebe konnte der Einsatz von Antibiotika mittels auf den jeweiligen Bestand zugeschnittenen Impfschemata drastisch reduziert werden.

Mit einer verlässlichen Diagnostik sollten Notwendigkeit und Wirksamkeit der Impfungen regelmäßig überprüft werden, um der Erregerlage entsprechend Anpassungen vornehmen zu können (siehe auch Beitrag „Impfungen gehört die Zukunft“ in dieser Ausgabe).

Um den Aufwand in den Tierbeständen auf einem überschaubaren Niveau zu halten, ist die Entwicklung von Kombiimpfstoffen weiter voranzutreiben.

Wichtig wäre meines Erachtens zudem die Vereinfachung der Zulassungsbedingungen für neue Impfstoffe, um im Falle von sehr mutationsfreudigen Erregern wie z. B. Influenza deutlich schneller eine geeignete Vakzine zur Verfügung zu haben.

Auch der Einsatz von bestandsspezifischen Impfstoffen sollte künftig noch mehr Beachtung bekommen.

Auf Seiten der Nutztierhalter sollte das Verständnis für die Wichtigkeit und den Nutzen von vorbeugenden Maßnahmen weiter vertieft werden. Noch immer sehen wir Betriebe, in denen zum Beispiel ein schlechtes Stallklima zu Erkrankungen der Tiere führt. Das muss nicht sein! Dies gilt auch für mangelnde Hygiene oder Fehler bei der Fütterung. Landwirte sollten das Angebot von Tierärzten und Beratern noch stärker nutzen, um Fehler bei den „Basics“ von vornherein zu vermeiden. Denn mit einem guten Management lässt sich der Gesundheitsstatus der Bestände schon deutlich verbessern.

Dr. Rainer Schneichel