Pneumologie 2015; 69 - V282
DOI: 10.1055/s-0035-1544759

Reduktion von schlafbezogenen Atmungsstörungen nach Opioid-Entzug: Ergebnisse einer prospektiven kontrollierten Studie

JW Walther 1, M Aichinger-Hinterhofer 2, C Maier 2, A Schwarzer 2
  • 1Pneumologie, Allergologie, Schlafmedizin, BG-Kliniken Bergmannsheil Bochum
  • 2Abteilung Schmerztherapie, BG-Kliniken Bergmannsheil Bochum

Einleitung: Die Sicherheit von Opioiden wird angesichts einer steigenden Anzahl von kardiovaskulären Ereignissen und Todesfällen zunehmend kritisch betrachtet. Unter Opioid-Medikation sind schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) mit nächtlichen Hypoxämien beschrieben, die Wirksamkeit eines Opioid-Entzugs wird nur kasuistisch oder retrospektiv bzw. in unkontrollierten Studien beschrieben. Erstmals wird in einer kontrollierten, prospektiven Studie das Ausmaß von SBAS bei chronischen Schmerzpatienten vor und nach einer medizinisch indizierten Entzugsbehandlung untersucht.

Methoden: 18 Patienten mit einem Opioidentzug und chronischen Schmerzen (OG) und 14 Patienten ohne stark wirksame Opioide unter multimodaler Schmerztherapie (CG) erhielten vor und nach der Behandlung eine Polysomnography (Alice Pdx) durch einen verblindeten Untersucher. Primäre Zielparameter waren der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI), die Anzahl zentraler Apnoen und die mittlere SpO2.

Ergebnisse: Opioid-Patienten zeigten nach einem Opioidentzug eine signifikante Reduktion von SBAS (AHI 41 vs 16, p = 0,0006). Im Vergleich zu Kontroll-Patienten war der AHI vor Opioidentzug ebenfalls signifikant erhöht (p = 0,018). Die Hälfte der Opioid-Patienten zeigten vor dem Entzug zentrale Apnoen, die allesamt nach dem Entzug verschwunden waren. Es zeigte sich kein signifikanter Einfluss von BMI, Alter oder Geschlecht auf den AHI. Alle Patienten mit zentralen Apnoen hatten eine Morphinäquivalenzdosis (MED) > 100 mg/d. 50% der Opioid-Patienten zeigten im REM-Schlaf vor dem Entzug eine mittlere nächtliche SpO2 < 90%; nach dem Entzug keiner.

Diskussion: Schlafbezogene Atmungsstörungen sind eine häufige, klinisch zuvor oftmals unbemerkte, Nebenwirkung bei der Behandlung mit Opioiden. Erstmals konnte in einer prospektiven, kontrollierten Studie unter polysomnographischen Bedingungen ein Rückgang von SBAS durch Opioid-Entzug gezeigt werden. Diese nächtlichen Atmungsstörungen könnten das Verbindungsglied für das Verständnis der erhöhten kardiovaskulären Morbidität unter chronischer Opioidmedikation sein. Die Indikation zur Behandlung mit Opioiden sollte gerade oberhalb einer Dosis von 100 mg/d sehr streng gestellt werden.