Pneumologie 2015; 69 - P328
DOI: 10.1055/s-0035-1544804

Minimale Hemmkonzentrationen (MHKs) der in vitro-Aktivität verschiedener Phenothiazin-Neuroleptika gegen M. tuberculosis

S Vesenbeckh 1, D Krieger 1, N Schönfeld 1, G Bettermann 2, TT Bauer 1, H Rüssmann 2, H Mauch 2
  • 1Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn, HELIOS Klinikum Emil von Behring
  • 2Institut für Mikrobiologie, Immunologie und Laboratoriumsmedizin, HELIOS Klinikum Emil von Behring

Einleitung: Angesichts weltweit steigender Zahlen multiresistenter Stämme von M. tuberculosis wird verstärkt nach Reservemedikamenten gesucht, die bisher keinen Eingang in Empfehlungen gefunden haben (Alsaad et al., Eur Respir J 2014; 43: 884). In Frage kommt dafür u.a. das Phenothiazin-Neuroleptikum Thioridazin, das bereits in mehreren Studien in Indien und Argentinien zur Salvage-Therapie von XDR-Tuberkulose eingesetzt wurde.

Methode: Wir werteten retrospektiv die Daten von 100 M. tuberculosis – Stämmen aus, die an unserem Zentrum im Zeitraum von 10/2002 bis 8/2003 auf die wachstumshemmende Aktivität der Phenothiazin-Derivate Thioridazine, Trifluoperazin und Triflupromazin getestet wurden. Die Mykobakterien wurden auf 7H10 Middlebrook-Agar kultiviert, die MHK (Minimale Hemmkonzentration) wurde nach 14 – 21 Tagen Inkubation bei 37°C abgelesen und für jeden einzelnen Stamm dokumentiert. MHK wurde definiert als die niedrigste Arzneimittelkonzentration, die nach 2-fach serieller Verdünnung mehr als 99% des Bakterienwachstums hemmt.

Ergebnisse: Für Thioridazin konnten 93 vollsensible M. tuberculosis Stämme ausgewertet werden, für Trifluoperazin 96 und für Triflupromazin 70. Bei 14/93 (15%) Stämmen wurde die MHK für Thioridazin bei 5 µg/ml gemessen, 58/93 (62%) Stämme wiesen eine MHK von 10 µg/ml auf und 21/93 (23%) Stämme eine MHK von 20 µg/ml. Für Trifluoperazin lag die MHK bei 5/96 (5%) Stämmen bei 5 µg/ml gemessen, bei 69/96 (72%) Stämmen bei 10 µg/ml und bei 22/96 (23%) Stämmen bei 20 µg/ml. Bei der Testung von Triflupromazin wurden MHKs von 5 µg/ml in 8/70 (11%) Fällen, 10 µg/ml in 32/70 (46%) Fällen und 20 µg/ml in 30/70 (43%) Fällen gefunden.

Schlussfolgerung: Insbesondere die Phenothiazine Thioridazine und Trifluoperazin weisen in vitro eine Aktivität gegen M. tuberculosis auf. Die MHKs lagen in > 86% aller Stämme bei ≤10 µg/ml.

Thioridazin weist eine sehr gute intrazelluläre Aktivität und gute Gewebegängigkeit auf, es wird in Makrophagen, die M. tuberculosis phagozytieren, mehr als 10-fach konzentriert. In Tierversuchen wurde eine gute antituberkulöse Aktivität in vivo nachgewiesen. Nach oraler Gabe von 50mg Thioridazine werden nach 2 – 3 Stunden mittlere Spitzen-Plasmaspiegel von 0,1mg/l erreicht. Dies entspricht der minimalen bakteriziden Konzentration von Thioridazine.