Suchttherapie 2015; 16(02): 56
DOI: 10.1055/s-0035-1547266
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kurzintervention zur Motivationsförderung. Ein Manual für die Arbeit mit straffällig gewordenen Klientinnen und Klienten

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Publication Date:
18 May 2015 (online)

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Das Manual basiert auf dem „Short Motivational Programme: Session guide for use with offenders“ des Department of Corrections New Zealand” von Anstiss et al., 2003. Ursprünglich für den Strafvollzug entwickelt, ist Kurzintervention zur Motivationsförderung auch zur Nutzung im Rahmen der Bewährungshilfe, Jugendarrest und Maßregelvollzug konzipiert. Das gut lesbare und durch konkreten Praxisbezug geprägte Werk ist gegliedert in die Kapitel „Einleitung und Überblick zu anwendungsbezogenen und empirischen Aspekten“, „Grundlagen der motivierenden Gesprächsführung“ und „Kurzintervention zur Motivationsförderung (KIM)“. Nach Darstellung der konzeptionellen Ausrichtung des Konzepts zur Motivationsförderung einer Straftäterbehandlung, Erläuterung der Konzeption, der grundlegenden Haltung, Kernprozesse und weiterer Elemente der motivierenden Gesprächsführung unter Bezugnahme auf die aktualisierte dritte Auflage von 2012 wird im 3. Kapitel die praktische Einbeziehung und Umsetzung im Strafvollzug dargelegt. Die Teilnahme an der auf 5, maximal 6 Sitzungen ausgerichteten Kurzintervention ist freiwillig, Gesprächsinhalte werden nicht der Strafvollzugsakte zugeführt, nur bei Zustimmung des Inhaftierten werden konkret vereinbarte weitere Schritte im Rahmen der Veränderungsplans an weiterbetreuende Institutionen wie Bewährungshilfe weitergereicht. Die Sitzungen bauen thematisch aufeinander auf: Zunächst Feststellung des Behandlungsbedarfs im Sinne der Erörterung Straftat begünstigender Faktoren, Entwicklung einer Ereigniskette, dann anhand eines Entscheidungsgitters positive und negative Aspekte delinquenten Verhaltens, gedankliche Bremsen und Mutmacher auf dem Weg zur Veränderung und in der letzten Sitzung abschließend Entwicklung eines Veränderungsplans, Festigung und Neubewertung des Veränderungswillens. Die einzelnen Sitzungen sind klar strukturiert anhand von Checklisten zu Gewaltbereitschaft, Alkohol und Drogen, Beziehungsproblemen usw. Vor Sitzung 1 wird dem Teilnehmer ein Handbuch ausgehändigt, welches Arbeitsblätter zu jeder Sitzung enthält, die als Hausaufgabe zu bearbeiten sind und nicht in einer Strafvollzugsakte abgeheftet werden. Wenn zu Beginn der 5. und Abschlusssitzung die Hausaufgabe, die die Ausformulierung der persönlichen Ziele beinhaltet, nicht erledigt worden ist, wird die Zusammenarbeit unmittelbar beendet, die Abschlusssitzung entfällt damit.

Mit der Teilnahme sind weder Begünstigungen noch Einschränkungen verbunden. Das auf freiwilliger Teilnahme beruhende Konzept ist ausdrücklich als Angebot zur Motivationsförderung, Konkretisierung und Festlegung von Veränderungsprozessen konzipiert. Das im Rahmen eines Pilotprojektes des Bayerischen Justizvollzugs in mehreren bayerischen JVA’s erprobte und positiv bewertete Manual ist praxisorientiert, in von äußerem Zwang geprägten Settings anwendbar, enthält durch die gut strukturierten Checklisten und Arbeitsblätter vielfältige Anregungen und ist damit eine Bereicherung für die Arbeit mit Insassen des Straf- und auch Maßregelvollzugs insbesondere in der Vorbereitung der Entlassung und Unterstützung konkreter sozialer Reintegration und Teilhabe nach Abschluss der Inhaftierung. Anwendung und Erfahrungsaustausch in unterschiedlichen Settings und Regionen sind sehr zu empfehlen.

T. Kuhlmann, Bergisch Gladbach