Geburtshilfe Frauenheilkd 2015; 75 - A5
DOI: 10.1055/s-0035-1551579

Massive ventrikelfüllende Rhabdomyome des fetalen Herzens – neue postpartale Therapieoption mit Everolimus? – ein Fallbericht

Y Jäger 1, A Radusch 1, I Dähnert 2, S Seeger 1
  • 1Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle/Saale; Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe; zertifiziertes Perinatalzentrum Level I, Halle/Saale
  • 2Herzzentrum Universität Leipzig; Klinik für Kinderkardiologie, Leipzig

Fetale Herztumore sind selten und werden mit einer Inzidenz von 0,1 bis 0,2% angegeben. In über 60% handelt es sich um Rhabdomyome, welche isoliert oder in Assoziation mit bestimmten genetischen Störungen, vor allem mit der Tuberösen Sklerose, auftreten. Die klinische Manifestation kardialer Rhabdomyome ist sehr variabel. Ein großer Anteil ist asymptomatisch, jedoch können sie auch zu schweren Herzrhythmusstörungen oder einer intrakardialen Obstruktion mit Abflusshinderung und hämodynamischer Beeinträchtigung führen. Innerhalb der ersten Lebensjahre kommt es in den meisten Fällen zu einer teilweise oder kompletten spontanen Rückbildung.

Wir berichten über eine 31-jährige I. Gravida mit unauffälliger Familienanamnese, die sich erstmalig bei 20+3 SSW in unserer Klinik vorstellte. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeigte sich ein ca. 2/3 des linken Ventrikelvolumens ausfüllendes, isoliertes Rhabdomyom. Eine invasive pränatale Diagnostik zur Sicherung einer Tuberösen Sklerose wurde nicht gewünscht. Im weiteren Verlauf konnten multiple rechts- und linksventrikuläre Tumore beobachtet werden. Das größte Rhabdomyom verlegte nahezu den kompletten linken Ventrikel. Es wurden ein MRT sowie eine Vorstellung im Herzzentrum Leipzig zur Therapieplanung veranlasst.

Bei 40+5 SSW kam es zu einer komplikationslosen Spontangeburt eines 2995 g schweren Jungen mit postnatal guter Adaptation. Unmittelbar nach Geburt erfolgte die intravenöse Prostaglandin-Gabe bei Verdacht auf eine Ductus-abhängige Systemzirkulation. Es erfolgte die Verlegung ins Herzzentrum Leipzig, wo sich weiterhin stabile hämodynamische Verhältnisse auch nach Ductus-Verschluss zeigten. Die Tuberöse Sklerose konnte genetisch gesichert werden. Nach sorgfältiger Abwägung der Therapieoptionen wurde eine orale Therapie mit dem mTOR-Inhibitor Everolimus als off-label-use durchgeführt, worunter die Tumormassen deutlich größenregredient waren, bei guter Therapieverträglichkeit.

Der derzeitige Therapiestandard bei Rhabdomyomen beinhaltet die klinische Beobachtung beziehungsweise die chirurgische Intervention bei schweren hämodynamischen Beeinträchtigungen. Der mTOR-Inhibitor Everolimus scheint eine neue medikamentöse Therapieoption bei symptomatischen Rhabdomyomen darzustellen, bei denen eine Spontanregression nicht abgewartet werden kann.