Zusammenfassung
Während es einerseits trotz zahlreicher in den vergangenen Jahren durchgeführter Studien
(noch) nicht gelungen ist, eine effektive und umsetzbare Strategie für die Adipositasprävention
bei Kindern und Jugendlichen zu formulieren, zeigen sich andererseits vielversprechende
Tendenzen und Ansätze zur Weiter- und Neuentwicklung von Konzepten mit vermutlich
verbesserter Effektivität. Als aussichtsreich erweisen sich zum einen kombinierte
Ansätze mit Fokus auf das engere familiäre Umfeld und schulische Settings, zum anderen
Strategien, die die sozialen und politischen Lebenswelten der Betroffenen adressieren.
Um die identifizierten Potenziale für eine effektivere Adipositasprävention gerade
vor dem Hintergrund des unlängst verabschiedeten Präventionsgesetzes nutzen zu können,
bedarf es einer intensiveren Diskussion zu den folgenden Aspekten:
Erstens ist nicht hinreichend geklärt, welche Form von Evidenz für die Plausibilisierung
von konkreten Maßnahmen und Strategien benötigt wird. Zum einen operieren viele Studien
zur Adipositasprävention der methodischen Einfachheit halber mit der Prävalenz als
Effektivitätsmarker, während eigentlich die Inzidenz angemessen wäre. Zum anderen
ist zu fragen, welche Funktion einem reflektierten common sense in den relevanten Bereichen zukommen kann, in denen robuste wissenschaftliche Evidenz
nicht verfügbar ist.
Gerade in den Diskussionen zu gesetzlichen Regelungen werden die Komplexität politisch-gesellschaftlicher
Konsensbildung häufig unterschätzt. Deshalb bedarf es, zweitens, einer engeren Verschränkung
von wissenschaftlicher Forschung und politisch-gesellschaftlichem Diskurs, um die
unterschiedlichen Positionen und Argumentationsformen in einen zielgerichteten Austausch
zu bringen.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Verknüpfung unterschiedlicher Ebenen von individuellen
und familiären Kontexten bis hin zu sozial- und ordnungspolitischen Perspektiven zu
einem integrierenden Präventionsansatz eine der aktuell größten Herausforderungen
für die Adipositasprävention.
Abstract
Despite numerous efforts in past decades, an effective and applicable strategy of
obesity prevention in children and adolescents could not have been developed and implemented
up to now. Nevertheless, new approaches and concepts are emerging and stirring hope
of more effective prevention strategies. Promising trends can be identified e. g.
when families and educational settings are adressed in combination or when wider social
and political environmets are focussed. As a regulation of prevention is in the law-making
procedure in Germany currently, the identified potential can be unlocked, if at least
the following aspects are considered.
First, it is far from clear which evidence is required to make concrete measures and
strategies of prevention plausible. Because ist is easier in terms of methodology,
many obesity prevention studies rely on prevalence as outcome, while incidence is
more adequate. Further, there is a need to consider to what extent common sense -rationality should be taken into account, especially in cases, when scientific evidence
is hardly available.
Second, in debates about legal regulation concerning obesity-related issues, the complexity
of social and political consensu-buildung is often underestimated. Therefore, scientific
research and socio-political discourse have to be interconnected in a more thorough
way. As a result, divergent and even contrary positions emerging in the field of obesity
prevention can be brought together more closely.
Against this background, the integration of different perspectives from individual
and familial contexts to social or regulatory policies proves to be among the recent
major challenges of obesity prevention.
Schlüsselwörter Adipositas - Prävention - Kinder und Jugendliche - Gesundheitspolitik - Präventionsgesetz
Keywords obesity - prevention - children and adolescents - health policy - health law