Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2016; 21(03): 158-162
DOI: 10.1055/s-0035-1554015
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Worüber sagen AOK-Lebensbäume mehr aus: über Qualität oder über Fallzahlen?

AOK trees-of-life rating: is it more about quality or about volume of cases?
H. Englisch
1   Gesundheit Mitteldeutschland e.V., Leipzig
,
B. Fischer
2   Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V., Düsseldorf
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Publication History

Publication Date:
26 January 2016 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Seit 2010 veröffentlicht die AOK für ausgewählte Indikationen in ihrem Krankenhausnavigator, einer erweiterten Version der Weißen Liste der Bertelsmann Stiftung, Qualitätsbewertungen über Krankenhäuser, die den angeblich 20 % der besten Häuser 3 Lebensbäume zuordnen und den 20 % der schlechtesten nur einen. Dabei werden aufgrund einer ungewöhnlichen Definition sowohl Häuser mit geringen Fallzahlen und guter Qualität benachteiligt als auch Häuser mit großen Fallzahlen und mittlerer Qualität. Untersucht wird beim Hüftgelenkersatz nach hüftgelenknahem Oberschenkelbruch, inwieweit die Lebensbaum-Klassifikation der AOK zum gleichen Ergebnis kommt wie eine Einteilung nach der risikoadjustierten Sterblichkeit bzw. den Fallzahlen.

Methodik: Für den Hüftgelenkersatz nach hüftgelenknahem Oberschenkelbruch werden die 20 % der Krankenhäuser mit den höchsten bzw. niedrigsten Fallzahlen bestimmt bzw. mit den niedrigsten und höchsten SMR-Werten der Sterblichkeit (SMR = „standardisiertes Mortalitäts-/Morbiditätsratio“). In drei Kontingenztafeln wird anhand Cohens Kappa die Übereinstimmung zwischen je 2 der 3 Klassifikationen nach AOK-Lebensbäumen, SMR-Werten der Sterblichkeit und Fallzahlen verglichen.

Ergebnis: Die größte Übereinstimmung besteht zwischen den AOK-Lebensbäumen und niedriger Sterblichkeit, diese ist mit κ = 0,55 im oberen Bereich der „moderaten Übereinstimmung“. Jedoch gibt es mit κ = 0,42 auch eine relativ große Übereinstimmung zwischen Fall- und Baumzahl. Überraschenderweise tritt bei der gewählten Indikation ein leicht negativer Zusammenhang zwischen Fallzahl und dem Qualitätsindikator „geringe Mortalität“ zutage.

Schlussfolgerung: Die Untersuchung zeigt, dass die Lebensbaum-Klassifikation der AOK nicht allein Qualität darstellt, sondern beinahe in gleichem Umfang von der Fallzahl des beurteilten Krankenhauses abhängt. Für eine Darstellung und den Vergleich der Qualität erscheint sie somit ungeeignet und legt nahe, dass die AOK ihren Alleingang bei der Definition von Krankenhausqualität beendet.

Abstract

Background: Since 2010, the German statutory health insurance “AOK” publishes in its Hospital Navigator, an extended version of the Weisse Liste of the Bertelsmann Foundation, quality assessments on hospitals for selected indicators that assign 3 trees of life to the allegedly best 20 % of hospitals and only one tree to the worst 20 %. Both, hospitals with a small number of cases and good quality and hospitals with a large number of cases and medium quality can be penalized due to an unusual definition. Taking hip replacement after proximal femur fracture as an example, we examined to which extent the tree of life classification of AOK gives the same result as a classification according to the risk-adjusted mortality and according to case volume.

Method: For hip replacement, we determined the 20 % of hospitals with the highest and lowest number of cases as well as the 20 % with the highest and lowest SMR values of mortality (SMR = “standardized mortality/morbidity ratio”). Calculating Cohen’s kappa for three contingency tables we examined the extent of correspondence between each 2 of the 3 classifications.

Results: The largest consistency exists between the AOK trees of life and low mortality, the value κ = 0.55 lies at the top of the interval of “moderate agreement”. However, the number of cases and the number of trees equally show with a value κ = 0.42a “moderate agreement”. Surprisingly, for the selected indication a slightly negative correlation is revealed between case volume and quality.

Conclusion: One can expect that AOK finishes its solo attempt in defining hospital quality.