Suchttherapie 2015; 16 - PL_05
DOI: 10.1055/s-0035-1557497

Telemedizin in der Suchtbehandlung am Beispiel von Tele-Nachsorge und Telefon-Nachsorge bei Alkoholabhängigen

P Missel 1
  • 1AHG Kliniken Daun

Überblick: Seit Jahren wird verstärkt, insbesondere im europäischen Ausland, an der Entwicklung von alternativen (Nachsorge-) Angeboten gearbeitet. Die Nutzung von Kommunikationsmitteln wie Telefon, Internet und mobilen Technologien bietet hierbei neue Möglichkeiten. Die Vorteile dieser Angebote liegen auf der Hand. Sie sind Zeit- und Ortsunabhängig durchführbar und relativ einfach und kostengünstiger zu organisieren als ambulante face-to-face-Nachsorgeprogramme.

Bauer und Kordy (2008) stellten Anwendungsbeispiele für den Einsatz neuer Medien in den Bereichen Prävention und Frühintervention sowie Beratung und Therapie vor. Blankers et al. (2008) berichten für die Niederlande über eine randomisierte kontrollierte Studie zur Internetselbsthilfe für Problemtrinker.

In Bezug auf die Wirksamkeit von Telefonnachsorge geben Sewöster et al. (2014) einen aktuellen Literaturüberblick.

Ausgewählte Ergebnisse: Auch für alkoholabhängige Patienten liegen Studienergebnisse zur Wirksamkeit von therapeutisch geleiteten Chat-Gruppen bzw. telefonischer Nachsorge vor. In einer kürzlich beendeten Studie (Missel et al., 2014) wurde eine web-basierte Nachsorge (wöchentliche Chat-Gruppe über sechs Monate) evaluiert, wobei die Kontrollgruppe ein niedrig-frequentes telefonisches Nachsorgeangebot erhielt (monatlicher Anruf über sechs Monate). Die Ergebnisse zeigen positive Effekte sowohl für die höher-frequente Web-Nachsorge als auch für die niedrig-frequente Telefonnachsorge im Vergleich zu Rehabilitanden ohne spezielles Telemedizinisches Nachsorgeangebot (treatment as usual). Dies bezieht sich insbesondere auf die katamnestischen Abstinenzquoten als auch auf die Inanspruchnahme ambulanter Weiterbehandlungsangebote.

Da die Wirksamkeit telefonischer Nachsorge bereits für den Bereich Alkoholabhängigkeit nachgewiesen werden konnte, soll in einem konzipierten Forschungsvorhaben der Charité ein Manualgestütztes niedrigschwelliges telefonisches Nachsorgeangebot nach stationärer Alkoholentwöhnung entwickelt, implementiert und formativ evaluiert werden.

Schlussfolgerungen: In der Behandlung Suchtkranker werden in den nächsten Jahren internet-basierte Angebote an Bedeutung gewinnen (vgl. Bauer et al., 2011). Insbesondere in Bereich der Nachsorge nehmen zu wenige Suchtkranke entsprechende Behandlungsangebote in Anspruch. Gründe hierfür sind u.a. der relativ große Aufwand zur Teilnahme, die Ressourcen hinsichtlich verfügbarer Zeit und Mobilität sowie fehlende Wohnortnähe. Diese ‚Behandlungslücke‘ kann durch telemedizinische Angebote geschlossen werden.

Literatur:

[1] Bauer, S. und Kordy, H. (Hrsg.) (2008). E-Mental-Health. Neue Medien in der psychosozialen Versorgung. Heidelberg: Springer.

[2] Bauer, S., Moessner, M., Wolf, M. (2011) Internetbasierte Nachsorge zur Förderung der Nachhaltigkeit psychotherapeutischer Behandlungen. PiD – Psychotherapie im Dialog; 2: 148 – 152.

[3] Blankers, M., Nabitz, U., Kerssemakers, R., Schramade, M., Schippers, G. (2008). Internetprogramm Selbsthilfe Alkohol: Erste Ergebnisse. SUCHT 54/5, 280 – 288.

[4] Missel, P., Kramer, D., Preßler, A-L., Arens, J. (2014) Ergebnsqualität einer Web-basierten Tele-Nachsorge nach stationärer medizinischer Rehabilitation Alkoholabhängiger. Unveröffentlichter Abschlussbericht.

[5] Sewöster, D., Haaf, H. G. und Märtin, S. (2014). Kann telefonische Nachsorge die Nachhaltigkeit der medizinischen Rehabilitation verbessern? – Eine Literaturübersicht. DRV-Schriften, Bd. 103, 275 – 277.