Suchttherapie 2015; 16 - S_11_02
DOI: 10.1055/s-0035-1557539

Erwerbstätigkeit oder Familie? Prädiktoren riskanten Alkoholkonsums in Deutschland

U Adam 1, P Bergold 1, H Engelhardt-Wölfler 1, 2, F Schulz 1
  • 1Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg
  • 2Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Einleitung: In Deutschland konsumieren ungefähr 10 Millionen Menschen Alkohol in riskanter Menge. Wie der Epidemiologische Suchtsurvey 2012 zeigte, sind das rund 13% der Frauen und 16% der Männer im Alter zwischen 18 und 64 Jahren. Eine Vielzahl an Studien zeigt deutliche sozialstrukturelle Unterschiede in der Konsumhäufigkeit und in der Wahrscheinlichkeit, riskante Mengen Alkohol zu konsumieren. Unterschiede zwischen Frauen und Männern sowie verschiedenen sozioökonomischen Gruppen sind vergleichsweise gut dokumentiert. Seltener hingegen werden familien- und erwerbsbezogene Prädiktoren analysiert, welche vor dem Hintergrund der Rollentheorie, der Rollenakkumulationsthese oder dem Spannungsreduktionsansatzes von Relevanz für die Erklärung eines riskanten Alkoholkonsums sein können. In unserer Studie soll geklärt werden, welchen Erklärungsanteil diesen beiden Prädiktoren jeweils zukommt.

Methoden: Analysiert werden die Daten des Epidemiologischen Suchtsurveys 2012. Der Alkoholkonsum wird in Reinalkohol pro Tag innerhalb der letzten 30 Tage gemessen. Als zentrale Prädiktoren verwenden wir das Bildungsniveau, den Erwerbsumfang, den beruflichen Status, das Zusammenleben im Paar sowie Personen unter 18 Jahren im Haushalt. Modellstatistiken von Logit-Regressionen für Männer und Frauen geben Hinweis auf die Erklärungskraft der familialen und beruflichen Indikatoren unter Kontrolle des Alters.

Ergebnisse: Insgesamt zeigen Frauen mit mittlerem und höherem Berufsstatus eher einen riskanten Alkoholkonsum, während es sich bei Männern genau anders herum verhält und mit steigendem Berufsstatus der riskante Alkoholkonsum abnimmt. Kinder im Haushalt reduzieren die Neigung für einen riskanten Alkoholkonsum für Frauen und Männer, während eine Partnerschaft nur für Männer einen protektiven Effekt hat. Insgesamt weisen die verschiedenen berufliche Indikatoren sowohl für Männer als auch für Frauen einen stärkeren Erklärungswert am Alkoholkonsum auf, als die familialen Indikatoren.

Diskussion: Familien- und erwerbsbezogene Faktoren haben einen starken Einfluss auf das Trinkverhalten. Während Erwartungen aus dem familiären Bereich (die Elternrolle) eher dem riskanten Konsum entgegenwirken, wird dieser für Frauen durch berufliche Erwartungen eher befördert. Damit liefert unsere Studie empirische Evidenz insbesondere für die Rollentheorie und den Spannungsreduktionsansatz.