Suchttherapie 2015; 16 - S_23_03
DOI: 10.1055/s-0035-1557587

Die Ergebnisqualität der Rehabilitation im Vergleich zur Akutbehandlung – gemessen am Risiko stationärer Rehospitalisierungen

H Fleischmann 1
  • 1Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen DHS

Einleitung: Ergebnisse der Entwöhnungstherapie (Rehabilitation) werden durch 1-Jahreskatamnesen (Abstinenzraten) ermittelt. Das Risiko der Inanspruchnahme weiterer kostenintensiver stationärer Interventionen ist hoch. Vergleichende Untersuchungen nach Abschluss einer Akut- und Reha-Behandlung in der klinischen Alltagssituation einer Versorgungsklinik gibt es nicht.

Methoden: Alle Patienten des Entlassungsjahrgangs 2005 mit der Diagnose F10.2 der ICD-10 wurden retrospektiv in die Untersuchung (Intra-Kohortenvergleich) einbezogen. Im rehabilitativen Therapiezweig wurden 97 Rehabilitanden und im kurativen Therapiezweig 457 Patienten weiter verfolgt. Letztere konnten in 3 Behandlungsmodule untergliedert werden, nämlich qualifizierter Entzug (QE: N = 239), Behandlungsmodul für chronisch mehrfachbeeinträchtigte Alkoholkranke (CMA: N = 155) und unspezifische Behandlung (US: N = 63)

Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum 2005 – 2008 benötigten 69 Reha-Patienten (71%) und 233 Akut-Patienten (51%), davon 130 der QE- (54%) und sogar 62 der CMA-Patienten (40%) keine weitere Behandlung. Das Risiko weiterer stationärer Inanspruchnahme wurde rechnerisch nach der Berechnungsgrundlage für die absolute Risikoreduktion durch eine rehabilitative Intervention im Vergleich zur Kontrollgruppe „AKUT“ um 22% reduziert. Entsprechend einer NNT (Number needed to treat) von 4,95 ist ein positiver Effekt der Intervention bzgl. dieses Endpunktes bei jeder fünften Rehabilitation zu erwarten.

Diskussion: Der im klinischen Alltag nicht selten zu beobachtende globale Eindruck der Vergeblichkeit der Behandlung Alkoholabhängiger beruht auf einem Wahrnehmungsbias. Es überrascht, dass die Mehrzahl der Patienten im 3-Jahres-Beobachtungszeitraum nur einmal in Behandlung war. Den klinischen Eindruck dominieren offenbar Patienten, die wiederholt (hier bis zu 50mal) wegen „Rückfälligkeit“ zur Behandlung kamen. Der globale Eindruck relativiert sich weiter bei einer differenzierten Betrachtung der Ergebnisse der Behandlungsmodule.