Suchttherapie 2015; 16 - S_31_01
DOI: 10.1055/s-0035-1557614

DEN Crystalkonsumenten gibt es nicht – Ergebnis einer explorativen Studie

T Pfeiffer-Gerschel 1, L Jakob 1
  • 1Institut für Therapieforschung, München

Einleitung: Aus dem Zusammenspiel des bekannten Schadenspotentials von Crystal oder kristallinem Methamphetamin (MA) und einer offensichtlich wachsenden Zahl an Konsumenten in Deutschland ergibt sich ein erhöhter Bedarf an wirksamen Behandlungsmaßnahmen. Konventionelle Suchttherapien wie kognitiv-verhaltenstherapeutische und soziotherapeutische Programme stoßen oftmals an ihre Grenzen und sind nur eingeschränkt wirksam. Es werden Präventions- und Behandlungskonzepte benötigt, die spezifischer auf diese Konsumentengruppe zugeschnitten sind. Fragstellung: Ist aufgrund statistischer Verfahren eine differenzierte Beschreibung „typischer“ Bedürfnis- und Problemmuster der Gruppe der MA-Konsumenten möglich, die klinische Relevanz aufweist und die Entwicklung spezifischer Interventionsprogramme unterstützen kann?

Methoden: In unserer Untersuchung wurden durch Fragebögen erhobene Daten von N = 127 MA-Konsumenten, die in Kontakt mit dem Beratungs- und/oder Behandlungseinrichtungen stehen, mit einer Clusteranalyse untersucht.

Ergebnisse: Es ergaben sich fünf distinkte Cluster mit unterschiedlichen Besetzungsgrößen. Die Cluster waren deutlich nach Alter und etwas weniger deutlich nach der benötigten Menge pro Konsumeinheit gestaffelt. Über alle Cluster hinweg fand sich ein mehrheitlicher Anteil männlicher Konsumenten und eine starke Ausprägung des Konsummotivs „Leistungssteigerung“ bei einer insgesamt hohen Anzahl verschiedener angegebener Motive. Ebenso war sniefen als Applikationsform über alle Cluster hinweg die häufigste Konsumform. In jedem Cluster waren mindestens 50% der Konsumenten bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten. Bis auf eine Ausnahme weisen alle Cluster hohe Werte im Beikonsum auf, wobei Cannabis die am häufigsten genannte Droge ist.

Diskussion: Die differenzierte Betrachtung der einzelnen Cluster unterstützt zum einen die Entwicklung zielgruppenspezifischer Präventionskonzepte. Zum anderen kann dieses Wissen als Grundlage für das Erfragen wesentlicher Informationen in der Behandlungspraxis dienen und so dafür sorgen, dass Behandler besser auf die Bedürfnisse ihrer Klienten eingehen können. Die von Klee (1997) vorgenommene Charakterisierung von Amphetamin-Konsumenten in Großbritannien konnte mit dieser Untersuchung für MA-Konsumenten in Deutschland adaptiert werden.