Suchttherapie 2015; 16 - S_32_01
DOI: 10.1055/s-0035-1557618

Alkoholpräventionsstrategien europäischer Großstädte – Wien, Rotterdam

A Schroers 1, D Wiering 2
  • 1Sucht- und Drogenkoordination Wien, Österreich
  • 2Bereich Gesellschaftliche Entwicklung, Jugend & Bildung, Stadt Rotterdam

Einleitung: In europäischen Großstädten sind die Herausforderungen im Sozial- und Sicherheitsbereich durch riskanten bis problematischen Alkoholkonsum vielfältig. Wenn bis zu 80% der Gewaltvorfälle im Nachtleben mit Alkoholkonsum zusammen hängen, sind Großstädte mehr als andere Orte davon betroffen. In Großstädten leben mehr Risikogruppen, bei denen der Konsum vorhandene Problematiken vergrößert. Großstädte sind Ballungsräume, an denen Probleme schnell sichtbar und unmittelbar erfahrbar werden. So etwa an öffentlichen Plätzen, an denen sich problematisches Verhalten und Folgen der Suchterkrankung bei Menschen zeigen oder auch (juvenile) Alkoholszenen sichtbar werden. Gemeinsam ist den Großstädten daher die Relevanz angemessener Zielsetzungen, Strategien, Maßnahmen und Kriterien der Umsetzung, wie etwa Wirksamkeitsorientierung und Qualitätssicherung.

Methoden: Erkenntnisse aus der aktuellen Forschung zur Wirksamkeit von Alkoholprävention (Bühler & Thrul, 2014, Barbor et al., 2010) sowie strategische Zielvorgaben und aktuelle Konzeptionen von Wien und Rotterdam zeigen, dass Alkoholprävention mehrdimensional (Settingansatz; Ruckstuhl, 2011; WHO), auf mehrere Ebenen und intersektorial (Gesundheit, Sicherheit, Bildung) ansetzt. So kann Verhältnisprävention neben den legislativen Bestimmungen (Jugendschutz, Preisregulierung) auch vor dem Hintergrund sozialpolitischer und städteplanerischer Rahmenbedingungen mit Bezug zu alkoholbezogenem Problemverhalten betrachtet werden. Diese Herausforderungen an die Alkohol(sucht)prävention werden beispielhaft anhand der beiden europäischen Großstädte Wien und Rotterdam dargestellt und diskutiert. Auf Basis aktueller Erkenntnisse, Erfahrungen und Konzepte sollen alkoholpräventive Strategien der Städte und Effekte, die dabei zu sehen bzw. zu erwarten sind, beschrieben werden.

Ergebnisse: In der Stadt Wien bilden neben den fachspezifischen Aspekten wie Risikokompetenz- und Peer-to-Peer-Ansatz, Harmreduction (Schroers, 2012) auch die sozial- und wohnungsbaupolitische Integration von marginalisierten Menschen Rahmenbedingungen der Prävention. Die Haltung der Prävention entspricht einem emanzipatorisch-partizipativen Menschenbild (Uhl, 2008). Beim Alkoholkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener berücksichtigen Konzepte auch die Szenebildung Jugendlicher (Eisenbach, Stangl et al., 2008) und beinhalten präventive Maßnahmen an Musik- und Sport-Events (Schroers, Männersdorfer, 2012). In Rotterdam stehen die Aspekte von Sicherheit, Talententwicklung (Bildung) und Gesundheit – sowohl als Zweck als auch als Mittel um gesellschaftliches Benefit zu erreichen – im Fokus von Prävention. Dabei geht es zum Beispiel um die Wirkung elterlicher Verantwortlichkeit bei der Alkoholprävention (Engels et al., 2013) und sowohl um allgemeine als auch um gezielte Ansätze für Risikogruppen als Teil einer kohärenten Alkoholstrategie (Reynolds, 2003). Dabei sind Vorschriften, Bildung und Kontrolle gemeinsam zu betrachten. Die Umsetzung der Rotterdamer Strategie hat bewirkt, dass es mit einer integralen Strategie in 4 Jahren gelang, den Alkohol- und Drogenkonsum bei 14 bis 15- Jährigen zu halbieren.