Suchttherapie 2015; 16 - S_33_01
DOI: 10.1055/s-0035-1557622

Einstellungen zur Alkoholabhängigkeit im professionellen Hilfesektor – Ein Vergleich zwischen Suchthilfe, Medizin und Arbeitsvermittlungsagenturen

C Rummel 1, R Soellne 2
  • 1Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
  • 2Universität Hildesheim, Institut für Psychologie

Einleitung: Trotz des extrem weit verbreiteten Alkoholkonsums und seiner weitgehenden Akzeptanz lehnt ein großer Teil der Bevölkerung Menschen mit Alkoholproblemen ab. Alkoholabhängigkeit wird als „Charakterschwäche“ gedeutet; das Krankheitskonzept der Abhängigkeit tritt in den Hintergrund. Auch innerhalb des Hilfesystems können negative Einstellungen der professionell Tätigen und Ungleichbehandlungen nicht ausgeschlossen werden. Die vorgestellte Untersuchung befasst sich mit der Einstellung der in der deutschen Suchthilfe Tätigen zur Alkoholabhängigkeit als Krankheit und soll einen Vergleich zwischen dem Personal des originären Suchthilfesystems, Allgemeinärzten und -ärztinnen sowie Mitarbeitenden von Arbeitsvermittlungsagenturen herstellen. Die Ergebnisse zu den Einstellungen von Mitarbeitenden der Arbeitsvermittlungsagenturen sollen in diesem Symposium hervorgehoben werden. Die theoretische Basis bilden Einstellungs-, Stigma- und Attributionstheorien. Ziel der Studie ist die Analyse handlungsleitender Einstellungen der professionell Tätigen gegenüber Alkoholabhängigen.

Methoden: In dieser Arbeit wird der mixed-methods-Ansatz verfolgt, bestehend aus einer quantitativen Online-Erhebung sowie daran anschließenden Fokusgruppen. Durch diese Kombination soll eine wechselseitige Ergänzung und Vertiefung der gewonnenen Informationen sichergestellt werden. Zur Einstimmung auf das Thema sowie der Aktivierung eines potentiell vorhandenen Stereotyps werden Fallvignetten eingesetzt. Im weiteren Verlauf werden kognitive, affektive und verhaltensorientierte Einstellungen abgefragt. Theoriegeleitete Fragen zur Vertrautheit mit der Abhängigkeitsproblematik sowie Einschätzungen zu Ursachen und Kontrollierbarkeit der Erkrankung ergänzen das Frageinstrument. Die Beurteilung erfolgt u.a. als Fremdeinschätzung und soll so einem Bias aufgrund sozialer Erwünschtheit vorbeugen. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) und dessen Mitgliedsverbände unterstützen die Untersuchung sowie die Rekrutierung von Befragten, um eine möglichst heterogene Stichprobe zu erzielen. Angestrebt wird eine Stichprobe im Umfang von N = 300, mindestens 100 Personen pro Profession.

Insgesamt sind drei leitfadengestützte Fokusgruppen-Diskussionen mit Vertreter/-innen der jeweiligen Berufsgruppen geplant. Pro Fokusgruppe sollen 5 – 8 Vertreter/-innen der jeweiligen Profession teilnehmen. Ziel ist, die Erkenntnisse und Interpretation der quantitativen Erhebung zu diskutieren und das „Warum“ der Ergebnisse zu beleuchten.

Ergebnisse: Die Durchführung der Online-Erhebung ist für das zweite Halbjahr 2015 geplant. Erste Ergebnisse werden vorgestellt.

Diskussion: Inwiefern die Ergebnisse der Studie als Ansatzpunkt für weitere Interventionen zur Verbesserung der Teilhabe Abhängiger am sozialen, medizinischen und beruflichen Leben dienen können, wird diskutiert.