Suchttherapie 2015; 16 - S_36_02
DOI: 10.1055/s-0035-1557637

Pathologischer Internetgebrauch im Jugendalter – Ergebnisse zweier repräsentativer, europäischer Studien

E Strittmatter 1, P Parzer 2, G Fischer 2, R Brunner 2, F Resch 2, M Kaess 2
  • 1Universität Münster
  • 2Universitätsklinikum Heidelberg

Einleitung: Die „Internetspielstörung“ wurde im Mai 2013 in die Sektion 3 des „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM-5) als Forschungsdiagnose aufgenommen. Andere pathologisch ausgeübte Internetaktivitäten wurden aufgrund von unzureichender Evidenz nicht berücksichtigt. Die vorliegenden Studien untersuchten komorbide Psychopathologie als Prädiktoren der Pathologischen Internetnutzung im Quer- und Längsschnitt.

Methoden: Es wurden zwei europäische, repräsentative, longitudinale Studien mit identischem Studiendesign im Abstand von 3 Jahren durchgeführt, die beide von der Europäischen Union gefördert wurden. Die europäische Kohorte der SEYLE-Studie („Saving and Empowering Young Lives in Europe”) schloss 11956 Jugendliche mit einem mittleren Alter von 14,9 Jahren ein, die europäische WE-STAY-Kohorte („Working in Europe to Stop Truancy Among Youth) 8807 Jugendliche mit einem mittleren Alter von 15 Jahren. Die deutsche SEYLE-Kohorte wurde über 2 Jahre prospektiv nachverfolgt.

Ergebnisse: Prävalenz des Pathologischen Internetgebrauchs hat im Zeitraum von Oktober 2009 bis Oktober 2011 von 4,4% (SEYLE-Studie) auf 6,7% (WE-STAY-Studie) zugenommen. In den Querschnittsuntersuchungen bestand in beiden Studien ein signifikanter Zusammenhang von emotionalen Störungen, ADHS-Symptomen, Störungen des Sozialverhaltens und selbstschädigendem Verhalten mit dem Pathologischen Internetgebrauch. Prospektiv sagten zusätzlich zum früheren Pathologischen Internetgebrauch noch emotionale Störungen einen späteren Pathologischen Internetgebrauch vorher.

Diskussion: Emotionale Probleme und Pathologischer Internetgebrauch scheinen zu einem aufrechterhaltenden Teufelskreis bei Pathologischem Internetgebrauch beizutragen. Gefährdete Jugendliche sollten frühzeitig identifiziert werden, um individualisierte Interventionen initialisieren zu können.