Suchttherapie 2015; 16 - S_37_04
DOI: 10.1055/s-0035-1557643

Barrieren in der Thematisierung eines Tabakkonsums bei Schwangeren: Ergebnisse einer Fokusgruppenanalyse mit niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen

A Stiegler 1, L Bieber 1, A Batra 1
  • 1Uniklinik Tübingen

Einleitung: Der Tabakkonsum in der Schwangerschaft kann psychische und physische Schädigungen beim Kind verursachen. Die Routineversorgung Schwangerer in der gynäkologischen Praxis bietet eine gute Möglichkeit zur Beratung rauchender Schwangerer und Motivierung zur Abstinenz. Allerdings zeigen sich Schwierigkeiten in der Ansprache Betroffener. Die vorgestellte Untersuchung identifiziert Hemmnisse in der Thematisierung eines möglichen Tabakkonsums zwischen Arzt/Ärztin und Schwangerer.

Methoden: In zwei Fokusgruppeninterviews wurden 10 Frauenärzte/-innen (N = 6 und N = 4 Teilnehmer/-innen) befragt. Die Auswertung erfolgte mittels Qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring.

Ergebnisse: Die Thematisierung eines Tabakkonsums scheint Ärzten/-innen leichter zu fallen als ein Alkohol- oder Drogenkonsum. Dennoch zeigen sich Barrieren in der gynäkologischen Beratungspraxis Schwangerer mit Tabakkonsum, u.a. in Form von Belastungen im ärztlichen Arbeitsalltag, Zweifel an der eigenen (Fach-) Kompetenz und Zuständigkeit, das Vermeiden einer offenen Ansprache und Vorannahmen gegenüber bestimmten Patientinnengruppen.

Diskussion: Die identifizierten Hemmnisse in der Ansprache rauchender Schwangerer verdeutlichen, dass der gynäkologische Arbeitsalltag von strukturellen und individuellen Einflüssen geprägt ist und die Beratung konsumierender Schwangerer eine Herausforderung darstellen kann. Daraus ergeben sich Überlegungen, wie eine wirksame Erreichbarkeit und Beratung Schwangerer zum Thema Konsummittel verbessert werden kann, bspw. durch Unterstützung der Frauenärzte/-innen in einer strukturierten und standardisierten Vorgehensweise in der ärztlichen Beratung und die Stärkung der allgemeinen Kommunikations- und Beratungskompetenz, eine Verteilung der Beratungsverantwortung auf verschiedene Berufsgruppen oder eine Ausweitung der bestehenden Behandlungsangebote speziell für betroffene Schwangere.