Suchttherapie 2015; 16 - S_38_04
DOI: 10.1055/s-0035-1557648

Cannabinoide, Stress und psychische Erkrankungen

U Havemann-Reinecke 1
  • 1Universitätsmedizin Göttingen

Einleitung: In diesem Beitrag sollen anhand von aktuellen tierexperimentellen Daten (Mäusen) sowie von klinischen Literaturdaten die Wirkungen von chronisch psychosozialem Stress auf die verschiedenen körpereigenen Endocannabinoide und die Cannabinoidrezeptor (CBR)- Expression im Gehirn dargelegt werden sowie auch die Auswirkungen auf das Verhalten der Mäuse bzw. von klinischer Psychopathologie von Patienten hierbei.

Methoden: Es wurden nach Brzozka et al. (2011) Daten zu den Auswirkungen auf das Verhalten von akuter und chronischer Stimulation der CBR1-Rezeptoren durch den CBR1-Agonisten WIN 55212.2 mit und ohne psychosozialen Stress bei Mäusen erhoben sowie besonders auch die Auswirkungen von längerer chronischer Cannabis-Exposition nach 6-wöchiger Abstinenz. Hierbei wurden verschiedene Gedächtnisfunktionen, kortikale Funktionen, auch bezogen auf Angst und Schmerz untersucht. Es wurden die Konzentrationen von Endocannabinoide Anandamide (AEA), 2-Arachidonoylglycerol (2-AG), N-Oleoylethanolamine (OEA) und Palmitoylethanolamide (PEA) (LC-MS, in Koop. mit di Marzo, Italien) in verschiedenen Hirnstrukturen gemessen und gleichzeitig eine molekularbiologische genomweite Analyse (RNAseq) durchgeführt.

Ergebnisse: Die Daten zeigen durch psychosozialen Stress sowie auch besonders in Kombination von Cannabis und auch nach längerer Abstinenz von Cannabis deutliche Veränderungen im Verhalten und verschiedenen Gedächtnisfunktion sowie gleichzeitig in den verschiedenen Hirngebieten ausgeprägte anhaltende Änderungen im endogenen Cannabinoidsystem, verbunden mit einer veränderten selektiven Genexpression.

Diskussion:

Besonders unter Stress und Stimulation von Cannabisrezeptoren treten im Gehirn Veränderungen im endogenen Cannabinoidsystem und selektiv in der Genexpression auf, die zu verschiedenen kortikalen Funktionsänderungen und Veränderungen von Gedächtnisfunktionen führen und damit zu einer veränderten Vulnerabilität für Sucht und Psychosen, aber auch für Angst und Depressionen führen können.