Suchttherapie 2015; 16 - S_45_03
DOI: 10.1055/s-0035-1557673

Suizidalität bei Pathologischen Glücksspielern: Ergebnisse der PAGE-Studie

A Bischof 1, C Meyer 2, G Bischof 1, U John 2, FM Wurst 3, N Thon 3, M Lucht 2, HJ Grabe 2, HJ Rumpf 1
  • 1Universität Lübeck
  • 2Universitätsmedizin Greifswald
  • 3Paracelsus Medizinische Privatuniversität

Einleitung: Pathologische Glücksspieler haben sowohl ein erhöhtes Risiko für Suizidalität als auch für psychiatrische Erkrankungen. Bislang weiß man nichts über den Zusammenhang von Spielart und Suizidalität, obwohl aus vorangegangenen Studien bekannt ist, dass bei bestimmten Spielarten mit schneller Spielabfolge erhöhte Raten von Abhängigkeit bei Pathologischen Glücksspielern gefunden werden. Ziel der vorliegenden Arbeit war zu untersuchen, ob Spielarten einen eigenständigen und von anderen Einflussfaktoren unabhängigen Beitrag zu Suizidgedanken und -versuchen bei Pathologischen Glücksspielern leisten.

Methoden: Basis der Untersuchung sind Daten von 442 Pathologischen Glücksspielern (lifetime) der Studie „Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie“ (PAGE). Rekrutiert wurden die Studienteilnehmer über vier verschiedene Zugangswege: Allgemeinbevölkerung, Spielorte, Medien/Faltblatt und stationäre Rehabilitation für Glücksspieler. Die Auswertung umfasst deskriptive Daten sowie 3 logistische Regressionsmodelle mit Gruppen von verschiedenen Einflussfaktoren, die einen Zusammenhang mit Suizidalität zeigen können: Spielarten, soziodemographische Daten, Schwere der Störung (Pathologisches Glücksspielen) und komorbide psychiatrische Erkrankung.

Ergebnisse: Insgesamt berichteten 48,6% der Studienteilnehmer von Suizidgedanken/-versuchen. In dieser Gruppe waren 20,5% weiblich (vs. 11,9% in der Gruppe ohne Suizidalität, p = 0,019), die durchschnittliche Anzahl von DSM-IV Kriterien betrug 8,7 (SD 1,4) vs. 7,8 (SD 1,6), 52,6% hatten im Laufe ihres Lebens mehr als 100.000 Euro verloren (vs. 30,8%, p < 0,001), 86% hatten life-time eine affektive Störung und 49,3% life-time eine Angststörung (vs. 25,6%, p < 0,001). Im multivariaten Modell mit Einschluss aller Variablengruppen zeigten sich Automatenspiele (Odds Ratio [OR] 2,53, 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,37 – 4,69, p = 0,003), finanzieller Verlust> 100.000 Euro (OR 1,97, KI 1,13 – 3,42, p = 0,016), komorbide affektive Störung (OR 7,79, KI 4,50 – 13,51, p < 0,001) und weibliches Geschlecht (OR 2,50, KI 1,20 – 5,22, p = 0,014) als voneinander unabhängige Risikofaktoren für Suizidalität.

Diskussion: Die stark erhöhten Raten von Suizidalität bei Pathologischen Glücksspielern lassen sich nicht allein durch erhöhte Raten von psychiatrischer Komorbidität erklären. Ein unabhängiger Zusammenhang zwischen der Spielform und Suizidgedanken/-versuchen konnte gefunden werden. Die Daten weisen darauf hin, dass eine weitergehende Regulierung der Zugänglichkeit sowie spielortnahe Beratungsangebote für Automatenspielangebote einen Ansatzpunkt zur Suizidprävention darstellen können.