Z Gastroenterol 2015; 53 - K20
DOI: 10.1055/s-0035-1558925

Autoimmunpankreatitis Typ 1 und synchrones Pankreas-Karzinom bei 37-jährigem Mann. Zufall oder Ausdruck einer „karzinogenen“ Autoimmunerkrankung

K Muehlenberg 1, D Brookman-Amissah 1, O Pech 1
  • 1Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Regensburg, Klinik für Gastroenterologie und interventionelle Endoskopie

Einleitung: Die Differentialdiagnose fokaler entzündlicher Pankreasprozesse zum Pankreaskarzinom stellt eine Herausforderung dar. In 6 – 11% der Fälle liegt histopathologisch eine fokale autoimmune Pankreatitis ursächlich vor. Im Folgenden wird das Zusammentreffen beider Entitäten bei einem jungen Patienten dargestellt.

Fallbeschreibung: Die Aufnahme eines 37-jährigen US-Amerikaners libanesischer Abstammung erfolgte mit Ikterus und akuter Pankreatitis. Unmittelbar vorangegangen war eine hyperthyreote Thyreoiditis. Endosonographisch zeigte sich ein entzündlich aufgetriebener Pankreaskopf mit Double-Duct-Sign ohne umschriebene Raumforderung. Unter dem Verdacht einer entzündlichen Ursache wurde ein Gallengangs-Stent implantiert. In den USA traten Wochen später erneut Beschwerden auf. Die MRT/MRCP zeigte einen unveränderten Befund. In einer weiteren Kernspintomografie zwei Monate später fanden sich in unserer Klinik neben dem entzündlich imponierenden Pankreaskopfprozess bilateral noduläre Nierenparenchymläsionen sowie eine segmentale, intrahepatische Gallenwegserweiterung, die – zusammen mit der Thyreoiditis – den Verdacht auf eine systemische Autoimmunerkrankung lenkten. IgG4, Carboanhydrase-Antikörper I/II I/II, sowie Lactoferrin waren im Serum nicht nachweisbar. Unter Berücksichtigung internationaler Diagnosekriterien für die autoimmune Pankreatitis initiierten wir eine Steroidtherapie (50 mg Prednisolon/die). Bei fehlender Besserung der klinischen Symptome und im Verlauf Nachweis eines nekrotisch imponierenden Tumors wurde die Indikation zur Whipple-Operation gestellt. Intraoperativ zeigte sich das typische Bild einer destruierenden, autoimmunen Pankreaskopfpankreatitis. Die pathologische Aufarbeitung wies eine chronische Pankreatitis mit dichtem lymphoplasma-zellulärem Infiltrat, periduktaler Fibrose und deutlich positiver IgG4-Färbung (30/HPF) nach, zu unserer Überraschung mit Einschluss eines duktalen Adenokarzinoms (pT3, pN1, cM0, G1, R0). Nach adjuvanter Chemotherapie und Pancreas Tumor Vaccine Therapy (Johns Hopkins Hospital, Baltimore, USA) ist der jetzt 42-jährige Patient 5 Jahre rezidivfrei.

Diskussion: Die Entwicklung eines Malignoms auf dem Boden einer gastrointestinalen autoimmunen Erkrankung ist bei folgenden Entitäten bekannt.

Autoimmunerkrankung (gastrointestinal)

Malignom

Autoimmuncholangitis

Hepatozelluläres Karzinom

Colitis ulcerosa

Kolorektales Karzinom

Primär sklerosierende Cholangitis

Cholangiozelluläres Karzinom

Chronisch atrophische Gastritis

Magenkarzinom

Autoimmune Pankreatitis

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Hinsichtlich der Entstehung eines Pankreas-Karzinoms bei autoimmuner Pankreatitis liegen einzelne Kasuistiken, jedoch – bislang – keine zuverlässigen Daten vor. Ob im vorgestellten Fall eine endosonographisch gesteuerte Punktion das Karzinom oder die autoimmune Pankreatitis detektiert hätte, sei dahingestellt. Konsequenz unserer Überlegungen ist, besonders bei jungen Patienten mit Pankreaskarzinom, das gleichzeitige Vorliegen einer autoimmunen Pankreatitis in Betracht zu ziehen und intensiver zu untersuchen, z.B. IgG 4 Färbung des Präparates. Hierdurch könnten weitere Erkenntnisse über einen Zusammenhang zwischen Autoimmunerkrankungen und „deren“ Karzinogenese entwickelt werden.