ergopraxis 2015; 8(09): 16-18
DOI: 10.1055/s-0035-1564347
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


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Publication Date:
01 September 2015 (online)

Ergotherapie in der Palliativversorgung – Ja zum Handeln

Eine unheilbare Krankheit verändert das Betätigungsverhalten eines Menschen erheblich. Sein Bedürfnis nach aktiver Alltagsgestaltung bleibt davon aber unberührt. Mit einem klienten- und betätigungszentrierten Vorgehen können Ergotherapeuten Menschen darin unterstützen, ihre Lebensqualität zu erhalten und zu steigern. Zu diesem Schluss kamen Forscher um die Ergotherapeutin Almut Späth von der ZHAW Winterthur, Schweiz.

Die Wissenschaftler suchten nach Artikeln, die das veränderte Betätigungsverhalten von Klienten in der Palliativversorgung beleuchten. Die Ergebnisse ihrer Literaturrecherche – sie analysierten sechs qualitative Studien – stellten sie anhand des kanadischen Modells CMOP-E vor. Demnach wirkt sich die Diagnose auf Person, Handlung und Umwelt aus. Klienten erleben physische und psychische Beeinträchtigungen, zum Beispiel Müdigkeit oder Ängste. Somit fällt es ihnen schwerer, Handlungen in der gewohnten Weise auszuführen. Die veränderten persönlichen Voraussetzungen beeinflussen auch die Erwartungshaltung der Klienten: Sie freuen sich bereits über kleinere Erfolge.

Trotz der krankheitsbedingten Veränderungen möchten die Betroffenen weiterhin Handlungen ausführen. Vor allem, um Fähigkeiten zu erhalten und Erfolgserlebnisse zu erfahren. Dabei versuchen sie, ihren Alltag möglichst gleichförmig zu gestalten, um Gefühle der Kontinuität und Vertrautheit aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig begrüßen sie es, neue Betätigungen auszuprobieren wie kreative oder besinnliche Aktivitäten. Angesichts des bevorstehenden Todes setzen sie sich bewusst mit der Frage auseinander, wie sie ihre verbleibende Lebenszeit gestalten möchten. Um sich auf den Tod vorzubereiten, regeln sie zum Beispiel ihre Beerdigung oder geben persönlichen Besitz mit hohem emotionalem Wert weiter. Soziale Beziehungen konzentrieren sich besonders auf die Familie und den engsten Freundeskreis und gewinnen an Bedeutung. Gleichzeitig erleben die Klienten die Tagesklinik als Ort der Zuflucht, an dem sie neue Kontakte knüpfen können. Dabei betrachten sie ihren zeitweiligen Klinikaufenthalt auch als Möglichkeit, ihre Angehörigen zu entlasten. Diese sind durch die Betreuungssituation stark psychisch und physisch belastet. Damit unterliegen sie einem erhöhten Risiko, an Burnout zu erkranken.

Ergotherapeuten können dazu beitragen, die Lebensqualität von Menschen in der Palliativversorgung zu erhalten und zu steigern. Dazu sollten sie ihnen klienten- und betätigungsorientierte Interventionen anbieten, ihre spirituellen Bedürfnisse berücksichtigen und ihre Angehörigen in die Therapie einbeziehen. Weitere Forschung ist nötig, um die Wirkung ergotherapeutischer Interventionen in der Palliativversorgung zu untermauern.

fk

ergoscience 2015; 10: 13–20