Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A25
DOI: 10.1055/s-0035-1570062

Dysfunktionelle endotheliale Vorläuferzellen in komplizierten Schwangerschaften: ein Hinweis auf das spätere kardiovaskuläre Risiko?

F von Versen-Höynck 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover

Hintergrund: Neben den klassischen Risikofaktoren, wie Bluthochdruck und Übergewicht sind Schwangerschaftskomplikationen, wie die Präeklampsie oder der Gestationsdiabetes für Mutter und Kind mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko im späteren Leben assoziiert. Bisher ist unklar, welche der Kinder später von kardiovaskulären Veränderungen betroffen sein werden. Eine verminderte Anzahl endothelialer Vorläuferzellen geht mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko und einer verminderten Lebenserwartung bei Erwachsenen einher. Wir gehen der Hypothese nach, dass zum Zeitpunkt der Geburt die Anzahl und Funktion fetaler endothelialer Vorläuferzellen eingeschränkt ist und als Parameter für das kardiovaskuläre Risiko der Kinder dienen kann.

Methoden: Nabelschnurblut wurde von normalen Schwangerschaften und Schwangerschaften mit Präeklampsie und Gestationsdiabetes gewonnen. Die mononukleären Zellen wurden isoliert und auf Kollagen 1-beschichteten Zellkulturplatten ausgesät, um die endothelialen koloniebildenden Zellen (ECFC) zu gewinnen. Plazentare Zottenbäumchen aus normalen Schwangerschaften wurden für 48h bei 2%, 8% oder 21% O2 inkubiert. Das konditionierte Medium wurde anhand der Sauerstoffkonzentration gepooled. Serum von sechs Frauen mit unkomplizierten oder präeklamptischen Schwangerschaften wurde ebenfalls gesammelt. Die Migrations- und Angiogenesekapazität von ECFCs wurde nach Zugabe von gleichen Mengen von konditioniertem Medium, 5% Serum oder unter ansteigenden Glukosekonzentrationen mit oder ohne 1,25 (OH)2 Vitamin D3 bestimmt. Funktionelle Eigenschaften von ECFC aus gesunden Schwangerschaften und Schwangerschaften mit Präeklampsie oder Gestationsdiabetes wurden ebenfalls verglichen. Die statistische Analyse erfolgte entsprechend mit einem unpaired t-Test, Mann-Whitney-Test, one sample t-Test oder dem Wilcoxon signed rank Test. P Werte < 0,05 wurden als signifikant angesehen.

Ergebnisse: Die Anzahl an Nabelschnur-ECFC Kolonien war signifikant niedriger in Schwangerschaften mit Präeklampsie oder Gestationsdiabetes im Vergleich zu gesunden Schwangerschaften. Die Tubulusbildung im Angiogenese-Assay und die Migrationskapazität waren deutlich verringert bei ECFC aus Schwangerschaften mit Präeklampsie oder Gestationsdiabetes. Eine Supplementierung mit 10 nM 1,25 (OH)2 Vitamin D3 resultierte in einer signifikanten Verbesserung der Zellfunktionen.

Eine deutliche Reduktion der Angiogenese- und Migrationsfähigkeit wurde ebenfalls nach Inkubation mit 2% O2 konditioniertem Medium, Serum präeklamptischer Frauen und erhöhten Glukosekonzentrationen beobachtet. Die simultane Gabe von 1,25 (OH)2 Vitamin D3 stellte die Migrations- und Angiogenesefähigkeit wieder her.

Schlussfolgerung: Die Anzahl und Funktion fetaler endothelialer koloniebildender Zellen, einer Subpopulation endothelialer Vorläuferzellen, ist im Nabelschnurblut aus Schwangerschaften mit Präeklampsie oder Gestationsdiabetes im Vergleich zu gesunden Schwangerschaften vermindert. Wir spekulieren, dass dies ein Hinweis auf eine eingeschränkte Gefäßfunktion und ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko zum Zeitpunkt der Geburt sein kann. Physiologische Konzentrationen an Vitamin D3 verbessern signifikant die Zellfunktion im Zellkulturmodell mit Proben von Präeklampsien und Gestationsdiabetes und nach Exposition gegenüber pathologischen, präeklamptischen und diabetischen Bedingungen.