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DOI: 10.1055/s-0036-1571402
Zur Historie der gynäkologischen Organtransplantation im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Die Idee der Gewebetransplantation in der Gynäkologie wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts geboren und umgesetzt. Vorbild der frühen Transplantationsmedizin ist die Schilddrüse. Die vermutlich erste Organtransplantation im heutigen Sinne nahm der Chirurg Theodor Kocher im Juli 1883 vor, indem er einem jungen Mann frisches menschliches Schilddrüsengewebe unter die Halshaut pflanzte. Wie im Falle der Schilddrüse gingen der Eierstocktransplantation Erfahrungen mit die Entfernung der Ovarien voraus. Die Beobachtung, dass Ovarentfernungen bestimmte Veränderungen bei den betroffenen Frauen nach sich zogen, führte zu der Idee, die Folgen der Ovarentfernung durch die Wiedereinpflanzung von Eierstockgewebe zu beheben. Die ersten Tierversuche dazu führte offenbar der Knauer ab 1895 in Wien durch. Die erste Ovarialtransplantation bei der Frau wurde durch Morris, New York, im Jahre 1896 mit Erfolg ausgeführt. Während die Transplantation von Ovargewebe im Therapiekonzept von Karzinompatientinnen mit späterem Kinderwunsch inzwischen eine Renaissance erlebt hat, sind die Tuben- und die Endometriumtransplantation inzwischen vergessene Verfahren, die das Ziel hatten, die Uterusfunktion nach Obliteration des Cavum uteri in Folge forcierter Ausschabungen u.ä. wieder herzustellen. Neben Ovar-, Tuben- und Endometriumtransplantation gab es aber auch bereits Ende des 19. Jahrhunderts erste Versuche der Uterustransplantation bei Kaninchen und Hunden. Einzelne Publikationen finden sich noch in den 1930er Jahren. Wegen technischer Probleme und nicht beherrschbarer Abstoßungsreaktion wurden die Forschungen aber dann weitgehend eingestellt. Medizinhistorisch betrachtet ist also die nun Anfang des 21. Jahrhunderts gelungene Uterustransplantation bei der Frau ein folgerichtiger Schritt, der umgesetzt wurde, sobald er technisch möglich war.