Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A14
DOI: 10.1055/s-0036-1571411

Uterustransplantation mit nachfolgender Schwangerschaft in ethischer Abwägung

H Kreß 1
  • 1Universität Bonn, Evangelisch-Theologische Fakultät, Abteilung Sozialethik

Die Option, einer Frau eine Gebärmutter zu implantieren und ihr hierdurch, verbunden mit außerkörperlicher Befruchtung/IVF und Embryotransfer, zu einer Schwangerschaft zu verhelfen, kann als Symbol für die Fortschrittsdynamik der Hochleistungsmedizin gelten. Den Hintergrund bildet, dass einer Anzahl von Frauen die Gebärmutter fehlt. Das Verfahren ist zurzeit noch experimentell. An ihm zeigt sich die zunehmende Verflechtung der Fortpflanzungsmedizin mit anderen medizinischen Disziplinen. Schon länger überschneidet sie sich z.B. mit der humangenetischen Diagnostik. Jetzt kommt die Verflechtung mit der Transplantationsmedizin hinzu. Allein aufgrund des extremen medizinisch-technischen Aufwands und der hohen Kosten werden Uterusübertragungen mit nachfolgender Schwangerschaft jedoch eine Ausnahme bleiben. Ethisch ist nach der Verhältnismäßigkeit zu fragen. Anders als bei Transplantationen von Herz, Leber, Niere usw. geht es nicht darum, Patienten das Leben zu retten. Der Wunsch einer Frau ohne Uterus nach einem eigenen Kind ist gegen die Risiken der Uterusübertragung und gegen die Lasten abzuwägen, die für Dritte erzeugt werden. Einer Lebendspenderin die Gebärmutter zu explantieren, stellt einen äußerst schweren Eingriff dar. Die Gebärmutter kann aber auch von einer hirntoten Spenderin stammen. Mit dem von ihr stammenden Fortpflanzungsorgan würde sie nach ihrem Tod in bestimmter Hinsicht, indirekt zur Mutter. Ethisch ist zu betonen, dass eine Uterusentnahme nach dem Hirntod nur dann erfolgen darf, wenn die Spenderin zu Lebzeiten persönlich explizit eingewilligt hat. Das Transplantationsrecht müsste dies klarstellen und für den Sonderfall der postmortalen Uterusspende eine enge Zustimmungslösung einführen. Vor allem ist die Vertretbarkeit des Verfahrens mit Blick auf die Gesundheit und das Wohl der potenziellen Kinder zu klären. Neben der medizinischen Risikoforschung ist langfristige psychosoziale Begleitforschung unerlässlich. In jedem Einzelfall ist eine behandlungsunabhängige psychosoziale Beratung der Betroffenen sicherzustellen.