Z Gastroenterol 2016; 54 - F11
DOI: 10.1055/s-0036-1582098

Akute Hepatitis E als mögliche Ursache einer Abstoßungsreaktion nach Lebertransplantation – ein Fallbericht

J Weiss 1, O Götze 1, M Rau 1, I Klein 2, A Geier 1
  • 1Universitätsklinikum Würzburg, Medizinische Klinik und Poliklinik II, Schwerpunkt Hepatologie
  • 2Universitätsklinikum Würzburg, Chirurgische Klinik I

Fallbericht: Der 18-jährige Patient stellte sich in der internistischen Notaufnahme mit Übelkeit und Erbrechen vor, die Beschwerden würden seit einer Woche bestehen. Außerdem klagt er über entfärbte, wässrige Stuhlgänge sowie dunklen Urin. Ein bis zwei Tage zuvor sei ihm zudem eine Gelbfärbung der Haut aufgefallen. Der Appetit sei schlecht, das Gewicht jedoch stabil geblieben. Im Alter von 18 Jahren war bei dem Patienten aufgrund eines akuten Leberversagens bei M. Wilson eine Split-Lebertransplantation mit Rechtssplit (Segmente V-VII) erfolgt. Die aktuelle Immunsuppression bestand aus Cyclosporin A (50 – 0-75 mg täglich) und Mycophenolat-Mofetil (2 × 750 mg täglich), der Cyclosporin Talspiegel war mit 53 µg/l angesichts der Kombination mit MMF im Zielbereich. Zu einer Abstoßung war es bisher nicht gekommen. Klinisch präsentierte sich ein ikterischer Patient, der übrige Befund war unauffällig. Laborchemisch fanden sich deutlich erhöhte Werte für Bilirubin und Transaminasen, die Gerinnung war geringgradig kompromittiert (Labor siehe Tab. 1). Das CT Abdomen zeigte bei Z.n. Lebertransplantation geringe Mengen freier Flüssigkeit perisplenisch und perihepatisch, Thrombosen von Pfortader und Lebervenen konnten ausgeschlossen werden. Die unmittelbar am Aufnahmetag durchgeführte Leberbiopsie zeigte eine akute zelluläre Abstoßung (RAI 7) mit fokalen hepatozellulären Einzelzelluntergängen, (peri)portaler lymphohistiozytärer Entzündung mit wenigen eosinophilen Granulozyten und Übergreifen in das angrenzende Leberparenchym, eine lymphohistiozytäre Cholangitis mit fokaler Destruktion des Gallengangsepithels sowie eine mehrherdige venöse Endothelialitis neben einer zumindest geringgradigen Cholestase. Am Folgetag gingen die immunologischen und serologischen Befunde ein: Es fand sich ein unauffälliges Profil der Autoantikörper, Virusserologisch zeigten sich sowohl IgG als auch IgM Antikörper gegen Hepatitis E Virus positiv, auch Hepatitis E Virus RNA war nachweisbar.

In der Zusammenschau der Befunde erscheint als Ursache der akuten Transplantatabstoßung die akute Hepatitis E am wahrscheinlichsten. Wir behandelten initial mit hochdosiertem Methylprednisolon (1000 mg intravenös) in absteigender Dosierung, aufgrund der nachfolgend diagnostizierten Hepatitis E erfolgte ab Tag 2 die Gabe von 600 mg Ribavirin täglich. Unter diesem Therapieregime kam es zu einem kontinuierlichen Abfall der Transaminasen, die knapp 2 Monate nach der Erstvorstellung wieder normale Werte erreicht hatten. Das Bilirubin blieb bei V.a. antransplantierten M. Meulengracht wie auch schon in der Vergangenheit mäßig erhöht. In der Folge konnte Prednisolon weiter reduziert werden, der Cyclosporin-Spiegel lag zwischen 80 und 90 µg/l. Knapp zwei Monate nach Beginn der Ribavirin-Gabe war HEV RNA nicht mehr nachweisbar.

Tab. 1: Laborwerte bei Aufnahme (Normalwerte)

GOT

1327 U/l

(50 U/l))

GPT

1832 U/l

(50 U/l)

GGT

89 U/l

(60 U/l)

AP

231 U/l

(40 – 130 U/l)

Bilirubin

19,8 mg/dl

(0,1 – 1,2 mg/dl)

Bilirubin direkt

14,8 mg/dl

(0,1 – 0,3 mg/dl)

LDH

319 U/l

(250 U/l)

Kreatinin

1,03 mg/dl

(0 – 1,17 mg/dl)

Albumin

4,1 g/dl

(3,5 – 5,5 g/dl)

CRP

0,71 mg/dl

(0 – 0,5 mg/dl)

Quick

64%

(70 – 130%)

INR

1,31

(0,85 – 1,18)

PTT

30,1 s

23 – 36 s

Thrombozyten

87.000/µl

150.000 – 450.000/µl

Diskussion: Es existieren bisher keine Berichte in der Literatur über eine durch HEV getriggerte akute Transplantatabstoßung. Generell ist der Verlauf einer HEV Infektion bei Organtransplantierten nicht in allen Fällen selbstlimitierend und chronische Verläufe wurden beschrieben [1]. Neben der Reduktion der Immunsuppression, die oft zur spontanen Elimination des HEV führt, wurde bei Persistenz des Virus eine Therapie mit Ribavirin als Monotherapie etabliert (alternativ auch Serien mit Peg-Interferon) [2, 3]. Immunologische Phänomene einer HEV Infektion sind weit verbreitet und schließen insbesondere neurologische Manifestationen mit ein [4]. Aus dem klinischen Ablauf kann die Hypothese aufgestellt werden, dass die HEV Infektion im genannten Fall möglicherweise der Trigger der akuten Abstoßungsreaktion war. Die kombinierte Therapie mit Methylprednisolon und Ribavirin führte zur Kontrolle der Abstoßung und Viruselimination.

Literatur:

[1] Kamar N et al.: Hepatitis E virus and chronic hepatitis in organ -transplant recipients. N Engl J Med 2008; 358: 811 – 7; [2] Kamar N et al.: Ribavirin for chronic hepatitis E virus infection in transplant recipients. N Engl J Med 2014; 370: 1111 – 20; [3] Behrendt P et al.: The impact of hepatitis E in the liver transplant setting. J Hepatol 2014; 61: 1418 – 1429; [4] Dalton HR et al.: Hepatitis E virus and neurologic injury. Nat Rev Neurol 2016; 12: 77 – 85